
Zitat von
Wolfgang2
Der Fall liegt hier allerdings ganz anders:
Der zurecht kritisiert Zug 71. ... Dc3 ? ist durchaus auf den ersten Blick erklärbar bzw. plausibel. Weil der Bauer auf b4 ist damit zweimal angegriffen wird und droht, erobert zu werden.
Im nächsten Zug erkennt Schwarz erst, dass er sich das nicht leisten kann.
Und dann stellt sich im 78. Zug erst heraus, dass es nach Kh2 auch keine Dauerschachoptionen mehr gibt.
Es gibt keine Theorie, bzw. Schachwissen, die besagt, dass der Freibauer auf a5 in der konkreten Situation zu gefährlich ist.
Bei den neueren Programmen (z.B. The King) führt solch vermeintliches Wissen bisweilen zu einer Überbewertung von Freibauern. D.h.: Es wird auf den Freibauer gesetzt, andere Bauern dafür geopfert, was dann auch falsch sein kann.
Ich sehe beim Glasgow-Programm nur zwei bis drei echte Schwächen, die die Spielstärke selbst bei weiterer extremer Beschleunigung limitieren:
a) Die 19HZ-Tiefe als Limit
b) Die Unterbewertung von Rand-, bzw. Rand-Doppelbauern
c) Eventuell zu geringe Königssicherheit (riskante Rochade)
Das heißt: Würde man den Glasgow-Phoenix im Fernschach einsetzen, sollte es meiner Ansicht nach zu etwa 2300-2400 Wiki-Elo reichen. ;-)
Gruß,
Wolfgang
Hallo Wolfgang,
Du weißt dass ich das Programm liebe, dennoch sehe ich eine Reihe großer Schwächen mehr als in Deiner Liste:
- Taktische Blackouts, insbesondere bei "stillen Zügen" sind keine Seltenheit
- Unterschätzung von Grundlinienschwächen
- Motiv des Erstickungsmatt ist nicht bekannt
- Turmverdopplungen, insbesondere auf der 2. und 7. Reihe wird nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet
- Dame wird in einigen Fällen in der Eröffnungsphase zu oft gezogen, bzw. in bedrohliche Positionen gebracht
- lässt oftmals zerrissene Bauernstrukturen ohne Not zu
- teilweise erhebliche Korrekturen der Stellungsbewertung nach Figurenabtausch
- Schlechtes Zeitmanagement: Für alternativlose Züge werden teilweise erhebliche Zeit Ressourcen geopfert und in schwierigen Stellungen werden die Züge vereinzelt a tempo gespielt, ohne dass hier das Permanent Brain gegriffen hätte
- die Gefahr von gegnerischen Freibauern wird oftmals nicht hoch genug bewertet
Doch all das hält mich nicht davon ab, Mephisto Glasgow als mein Lieblingsprogramm anzusehen, dass im Kampf gegen Menschen sicher erfolgreicher als im Kampf gegen die elektronische Konkurrenz ist.
Gruß
Egbert