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Alt 19.12.2017, 15:50
Hartmut Hartmut ist offline
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 Zitat von Wolfgang2 Beitrag anzeigen
Auf meinem Bild sieht man besser, dass das stimmt, was ich gepostet habe.
Ob Stockfish 32bit sich anders verhält als die 64bit-Version ?
Vielleicht wird Lc1-g5 erkannt - und wieder verworfen !?

Eher vermute ich bei Deinem SF8 eine andere Einstellung:
Denn "nur" Tiefe 37/72 bei 14,7 Mrd Knoten fallen auf. Wie meinem Bild (letzte Zeile) zu entnehmen ist, wurden bei 28,9 Mrd Knoten bereits 50/82+ angezeigt.
OK, dann will ich bei Dir und Doubledizzy mal etwas zur Aufklärung beitragen

Nein, im Grunde verhält sich die 32bit-Version von Stockfish 8 nicht viel anders als die 64bit-Version. Abgesehen davon, dass bei gleichem Prozessor die 64bitVersion etwa um Faktor 4 schneller ist.

Was auffällt ist die Anzahl der untersuchten Züge in Verbindung mit der Suchtiefe, die Stellungsbewertung und das Ergebnis. Ind genau da muss man mal etwas aufklären.

Ihr habt beide dieselbe Stellung analysiert aber auf unterschiedliche Art.

Wolfgang hat die Stellung eingegeben und die Kiste einfach rechnen lassen ohne irgendwelche "Tricks", also so, wie die Kiste in einer Turnierpartie rechnen würde. Ich habe es bei mir ebenfalls ausprobiert und komme zum selben Ergebnis. Stockfish findet Lg5 definitiv nicht. Vermutlich wird der Zug schon früh verworfen und aufgrund der Abschneidungen, die gemacht werden um das Programm auf seine enormen Suchtiefen bringen von der weiteren Suche dann ausgeschlossen. Da hilft es dann auch nicht, wenn ich die Kiste wochenlang bis Tiefe 80 rechnen lasse. Solange kein "fail low" erfolgt, wird der Suchbaum in der Breite nicht erweitert. Erst, wenn jetzt in der Bewertung ein sogenannter "fail low" kommen würde, also die Bewertung des bisher priorisierten Zuges stark abfallen würde, dann werden vorher ausgeschlossene Züge wieder aufgenommen.

Soweit so gut. Warum aber dann das andere Ergebnis bei Tommi? Ganz einfach. Er hat Stockfish gezwungen den Suchbaum auch in der Breite zu erweitern, indem er den Multivariantenmodus (soweit ich der Grafik entnehme mit 5 Varianten) aktiviert hat. Das heisst. Würde Stockfish im Normalmodus vielleicht (geschätzt) 3 Kandidatenzüge tiefer untersuchen (Der Bestmove und vielleicht noch 2 andere), so sind es hier jetzt mindestens 7 (5 Erzwungene Varianten und vielleicht erneut 2 weitere). Der Suchbaum ist damit breiter und der Zug Lg5 wird eben nicht aus dem Suchbaum entfernt. Dadurch dass er dann erzwungenermaßen auch tiefer untersucht wird, findet das Programm dann sogar bald heraus, dass es tatsächlich der Beste Zug ist. Etwas das mit der normalen Suchfunktion nicht gefunden werden kann. Da nun 5 statt 1 Varianten erzwungenermaßen tiefer untersucht werden, ist auch die Zahl der untersuchten Züge (trotz weit geringerer Tiefe) entsprechend hoch, da einfach in der Breite eben mehr Berechnungen anfallen.

Man sieht wie böse es ausgehen kann wenn man den Zugbaum zu früh beschneidet und wie schwer sich auch ein Stockfish damit tut, so einen Zug zu erkennen. Wenn man jetzt begriffen hat, wie diese ganze Abschneiderei funktioniert, dann kann man sich nun vorstellen um wieviel schwieriger es für Stockfish ist, nun zu erkennen, dass der Gegner diesen genialen Zug hat. Er muss ja nun nicht nur diesen Zug finden, sondern er muss im Rahmen seiner eigenen Zugermittlung diesen Zug als mögliche Antwort in Erwäguing ziehen. Und da wird es dann richtig schwierig.

Insgesamt das Problem aller gängiger Schachprogramme. Der Suchbaum wird in der Breite recht früh beschnitten. Dadurch kommen die Programme in unglaubliche Rechentiefen. In 9 von 10 Fällen funktioniert das im Angriff ganz gut. In der Verteidigung klappt es immer noch in 4 von 5 Fällen und das Programm wird durch die frühe Beschneidung im Durchschnitt stärker spielen als wenn es jedesmal einen breiteren Zugbaum berechnen müsste. Aber dann kommt eben dieser eine verflixte 10. Fall (bzw. 5. Fall) und es geht ganz gewaltig schief. Und genau das ist es was ich als die höhere Kunst des Fernschachs betrachte, gezielt auf diese Fälle spielen zu können. Nicht immer klappt es, aber im Gegensatz zu Stockfish und Co sind wir Menschen (und natürlich Alpha Zero) ja lernfähig.
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Mein Profil beim ICCF (International Correspondence Chess Federation)
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