Irgendwie bleibt mir nach wie vor verschlossen, warum es einen Bedarf zur "Korrektur" geben soll ...
1. Punkt: Wenn man Ergebnisse von Computern aus Turnieren mit Menschen anschaut, von Porz bis AEGON, dann sind die Werte gewiss nicht zu hoch ... mal ein Beispiel: Beim AEGON Turnier 1992 erreichte die Vancouver TM 2348 Elo, der Mephisto Berlin 2200, der Mephisto Risc sogar 2327 und die Fidelity V9 2231 Elo Punkte ... und Ergebnisse wie diese waren keine Ausnahme, sondern Standard!
Noch einmal: Es macht einen himmelweiten Unterschied aus, ob ich gegen einen Gegner spiele, den ich perfekt kenne oder gegen einen Unbekannten ... gut, gegen einen MC verliere ich immer, aber gegen einen Computer, dessen Schwächen ich nach 20 Jahren kenne, weiß ich intuitiv, was ich zu ziehen habe ... dann bitte nur "Vergleiche" unter echten Turnierbedingungen: Sprich, man weiß nicht, gegen wen man spielt und vor allem
kein Einblick in den Rechenvorgang,
korrekte Zeitnutzung auf beiden Seiten und
keine Rücknahme von Zügen ... und schon habe selbst ich nicht mehr gegen den Revelation Glasgow 90%, sondern nur noch 50% der Punkte ... oh Wunder.
Wie gesagt, wenn ich all die Turniere, in denen Menschen mit anerkannten Titeln und Werten als Vergleichspartner hernehme, sind die Werte aus unserer Liste gewiss nicht zu hoch.
Eine kurze Anekdote zum Thema "aus einer Partie gegen einen Computer Rückschlüsse auf die Elo ziehen" ... als ich vor zwei Monaten bei Micha war, habe ich aus Spaß gegen Stockfisch 8 gespielt (mit DGT Brett gegen sein Ultrabook) ... SF bekam sogar 30 Sekunden pro Zug ... ich ließ mir massenhaft Zeit, kasperte sogar mit einer wilden Eröffnung nach dem Motto "schauen wir mal, wer zuerst dem anderen König auf die Pelle rückt" ... und letztendlich wurde es ein glückliches Remis ... für Stockfish 8 ... nur, weder werde ich jetzt behaupten, 2.800 Elo zu haben, noch werde ich Stockfisch auf 2.200 Elo reduzieren ...
2. Punkt: Letztendlich ist auch die Elostärke allgemein eine relative Geschichte ... beim Menschen wie beim Computer. In meiner aktiven Zeit hatte ich einen Lieblingsgegner, für den ich der Angstgegner war ... eigentlich hatte er 2.300 Punkte, ich dümpelte als Jugendlicher bei 2.100 umher ... aber gegen ihn holte ich Punkte wie der FC Bayern gegen den HSV ... dafür verlor ich immer wieder gegen Spieler, die eigentlich schlechter waren ... was vermutlich daran lag, dass ich mit einigen Eröffnungen gar nicht zurecht kam und dass ich sie einfach aufgrund ihrer Wertungszahl immer wieder unterschätzt habe (womit wir beim Thema Psychologie wären)... und auch heute merke ich, dass mir einige Computer deutlich besser "liegen" als andere ... obwohl beide ca. gleich stark sind. Und auch wenn man Computer vergleicht, stellt man schnell fest, dass jeder Computer "Angstgegner" hat und ihm andere Geräte wesentlich besser liegen ...
3. Punkt: Man sollte die Liste vielleicht einfach grundsätzlich etwas mehr als das sehen, was sie ursprünglich sein sollte: Eine
grobe Vergleichsliste der Geräte
untereinander ... und diesen Zweck erfüllt sie perfekt ... wenn ich zehn Geräte aus einer beliebigen 150er Elospanne nehme und ein Turier spielen lasse, habe ich interessante Partien in denen grundsätzlich jeder jeden schlagen kann ... aber die
Wahrscheinlichkeit für einen Computer aus dem oberen Bereich dieser Spanne größer ist, dass er das Turnier gewinnen wird ... mit anderen Worten: Als Auswahlliste für Turniere ist sie perfekt geeignet und grundsätzlich kann man recht gut einschätzen, welches Gerät stärker als ein anderes aus der Liste ist ...
An meinem Beispiel zeigt sich noch ein anderer Punkt: Wenn die Computer im unteren Bereich der Liste zu schwach eingeordnet wären und die Geräte weiter oben um zum Beispiel 200 Punkte zu stark ... dann müsste es ja einen Bereich geben, wo bei einem Turnier die zu hoch bewerteten Geräte gegen die untere Hälfte untergehen ... nur, so einen Bereich habe ich bis heute nicht entdecken können.
Die Diskussion im CSS Forum kann ich nur belächeln ... das sind Stochastiker und keine Schachspieler ... die werden nie verstehen, dass ein MC im Turnier unter Stress einen Bock schießen kann, den ihr Stockfisch binnen 0,1 Sekunde als Mordsfehler bewertet und trotzdem +2.800 Elo haben soll ... aber so ist halt
richtiges Schach: Spieler haben Schwankungen, machen Fehler ... auch und weil sie nicht auf dem Bildschirm sehen, was der Gegner denkt ...
Und genau deshalb haben auf den Turnieren damals wie auch in den Vereinen gute Spieler wie auch IMs etc. Punkte gegen Schachcomputer gelassen ... und die Computer haben sich die Wertungen redlich verdient, eben
weil die Menschen damals
normal gegen sie gespielt haben ... nur wer selbst spielt und das versteht, wird begreifen, wie unsinnig die Abwertungen sind, die da drüben diskutiert werden ...
Beste Grüße,
Sascha