AW: Eine Lanze für den Leonardo
Ich hänge mich mal an diesen älteren Thread dran, nachdem ich kürzlich auch einen Leonardo von einem Forumsmitglied erworben hatte.
Achims Beobachtungen kann ich insofern bestätigen, als dass Aktivpartien Leonardo - Turbo 16K praktisch nicht durchführbar sind, weil der Turbo die Zeit massiv überschreitet.
In einer Testpartie hatte der Leo ca. 12 Sekunden verbraucht, der Turbo war bei ca. 75 Sekunden.
Aber ich beobachtete die Zeitüberschreitungen beim Turbo auf der Aktivstufe generell. Ab dem (späteren) Mittelspiel nimmt er sich meist zwischen 1 bis 2 Minuten, wenn die Stellung nicht trivial ist.
Das liegt aber nicht am Gegner (bzw. Pondern des Leonardo). Beim letzten Klingenberg-Turnier benötigte der Astral fast die doppelte Zeit gegenüber meinem Mirage. - Und ausgerechnet um den Mirage wird bezüglich der Wiki-Elo so ein Thema wegen der 45s/Zug Stufe gemacht !?
Beim Turbo 16K komme ich in jeder Partie ab ca. dem 40. - 50. Zug schon auf einen Gesamtschnitt von 1min/Zug. Leider nützt es nichts die Stufe 15s/Zug zu nehmen, denn diese ist recht genau, eher sogar zu schnell.
Nun aber zum Leonardo / Spielstärke:
"Wenn der Leo kein Knüller wird, dann fress' ich 'nen Besen", gab mal ein später als Textschreiber engagierter Schachfreund in einem frühen Leserbrief in der CSS zum besten. Nun: Dann hoffe ich, der Besen hat wenigstens geschmeckt...
Warum weiß man so wenig über das Leo-Grundprogramm ?
Das kann meiner Ansicht nach nur an der bescheidenen Spielstärke liegen. Die Partien liefern aber aufgrund seines dynamisch-riskanten Spielstiels großen Unterhaltungswert.
Die Spiele werden für den Leo schnell zu kompliziert, und da bin ich auch bei seinen größten Schwachpunkten:
1. Das Nicht (oder zu späte) Erkennen von Fesselungen
2. Das Opfern von Leichtfiguren für zwei Bauern
Damit werden dann die Partien verloren, oft aus Gewinnstellungen heraus.
Ich spielte erst selbst einige Partien, bildete mir ein Urteil und suchte dann einen passenden Testgegner. Mir war eigentlich klar, dass die Spielstärke
höchstens auf Sensory 9 - Niveau liegt. Und so kam es dann auch. Ergebnis nach 6 Partien 3:3, wobei der Zufall dem Leo zwei Mal geholfen hat. Es hätte auch 1,5 : 4,5 heißen können.
Stärke: Vorantreiben von Freibauern
Aber woher kommt dann die bessere Elo-Bewertung ? Meines Erachtens kann dies nur daher kommen, dass er gegen m.E. deutlich zu hoch eingestufte Computer , wie den Mephisto Glasgow, eben auch hier und da ein Korn findet.
Also durfte der Glasgow ran. Es gab hoch interessante Spiele. Der Leonardo unterlag nur mit 2:4. Und wie gegen den Sensory 9 zeigte sich eine spezielle Stärke des Leonardo:
Das Voranbringen von Freibauern. Damit machte er seine Punkte.
Beispielpartie gegen Sensory 9:
[Event "4. Partie"]
[Site "WOM-NETBOOK-PC"]
[Date "2014.07.07"]
[Round "4"]
[White "Fidelity Sensory 9, L.3"]
[Black "Scisys Leonardo, L.5"]
[Result "0-1"]
[BlackElo "2400"]
[ECO "D63"]
[Opening "Damengambit"]
[Time "21:20:13"]
[Variation "Orthodoxe Verteidigung, Swiss, 8.a3"]
[WhiteElo "2400"]
[TimeControl "300"]
[Termination "normal"]
[WhiteType "human"]
[BlackType "human"]
1. d4 d5 2. c4 e6 3. Nc3 Nf6 4. Bg5 Be7 5. e3 O-O 6. Nf3 Nbd7 {*} 7. Rc1 h6
8. Bf4 g5 9. Bg3 Bb4 10. cxd5 Nxd5 11. Bd3 N7b6 12. O-O Bd7 13. Nxd5 Nxd5
14. Ne5 f6 15. Ng6 Rf7 16. e4 Bc6 17. exd5 (17. Bc4) 17. .. Qxd5 18. Qf3
Qxd4 19. Rxc6 bxc6 20. Qxc6 Qd5 21. Qa6 c5 22. Bc4 Qf5 23. a3 Qxg6 24. axb4
cxb4 25. Bxe6 Re8 26. Rd1 Kh7 27. Bxf7 Qxf7 28. Qb5 b3 29. Kf1 Re7 30. Rd5
Qe6 31. f3 Qe3 32. Qd3+ Qxd3+ 33. Rxd3 Rb7 34. Rd5 Kg6 35. Ke2 Re7+ 36. Kd3
a6 37. Rd6 a5 38. Ra6 Rd7+ 39. Ke3 Rd1 40. Rb6 a4 41. Rd6 Ra1 42. Rd3 Ra2
43. Rd2 a3 44. bxa3 b2 45. Rd1 Ra1 46. Be5 fxe5 47. Rd6+ Kf7 48. Rb6 Re1+
49. Kd2 b1=Q 50. Rxb1 Rxb1 51. Ke3 Rb3+ 52. Ke4 Ke6 53. a4 Ra3 54. h3 Rxa4+
0-1
Ab dem 40. Zug entgleitet dem Sensory 9 sukzessive der Sieg. Dass der weiße Läufer nicht nach e5 konnte, war zusätzliches Pech.