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Alt 29.06.2011, 23:25
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Paisano Paisano ist offline
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AW: Bei welchen Programmen wirkt sich Tuning am effektivsten aus ?

Hallo Sascha
 Zitat von Mythbuster Beitrag anzeigen
Hallo Uwe,
wie ich an anderer Stelle schon mal schrieb und wie Micha auch schon angedeutet hat, ist es nur schwer zu sagen, wie sich Tuning auf welches Programm auswirkt.
jaaa..., ist mir auch bewusst und gerade deswegen habe ich nach einem "Weg" gesucht, der neben dem subjektiven Empfinden während einer Partie und möglicherweise
vor dem Absolvieren von hunderten Partien einen Hinweis liefern könnte
 Zitat von Mythbuster Beitrag anzeigen
Es gab früher (vor ca. 25 Jahren) zwei Grundsätze:

1. Eine Verdopplung der Rechengeschwindigkeit bringt ca. 70 Elo Punkte.

2. Ein zusätzlicher Halbzug (bei Brute Force Programmen) bringt ca. 200 Elo Punkte.

Zu Punkt 1: Diese Faustformel wurde schnell relativiert und man sprach von 50 bis 70 Elo Punkten bei einer Verdoppelung der Geschwindigkeit. Bei vielen Programmen traf das in den 80ern auch zu. Natürlich dachte man schnell darüber nach, was eine Steigerung um den Faktor 1.000 oder mehr bringen würde ...

In der Zwischenzeit hat sich gezeigt, daß die Faustformel nicht allgemeingültig ist, bzw. sich die Steigerung nicht beliebig fortsetzen lässt.
Das kann man leicht nachvollziehbar erklären:

Viele Schachprogramme treffen ihre Entscheidungen aufgrund ihres Wissens. Natürlich spielt auch die Suche eine Rolle, aber die einprogrammierten Regeln bestimmen dennoch den Zug! Wenn also ein Programm sich "mit voller Absicht" für den falschen Zug entscheidet, so wird es das immer tun, egal, wie tief es rechnet.
Das sehe ich etwas anders, das vorhandene oder einprogrammierte Wissen wirkt sich meiner Meinung nach nur in einem Bruchteil von Stellungen aus, nur um mal eine Zahl zu nennen,
ich würde den Anteil mal auf 5 % bei einem Programm wie Polgar oder Super Forte C schätzen, bei den Lang Programmen vielleicht etwas mehr, aber der Rest der Züge wird einfach nur ausgerechnet.

Erklärend dazu muss ich allerdings sagen, daß ich das Verhalten eines Programms à la -> besetze mit dem Turm eine offene Linie oder postiere einen Springer so, daß er möglichst
viele Felder "bestreicht" nicht als Wissen werte. das sind für mich ganz normale Regeln, die jedes einigermaßen gutes Schachprogramm in seiner Bewertungsfunktion berücksichtigt.

Echtes "Wissen" stellen für mich Fähigkeiten wie z. B. Mattführung mit Springer/Läufer, falscher Läufer oder auch das Erkennen, daß zwei Springer nicht Mattsetzen können und unter
Umständen auch die Bauernstrukturen z. B. beim Vancouver dar, aber diese Fähigkeiten spielen nur eine untergeordnete Rolle
hinsichtlich der Spielstärke bzw. sind im Fall der Bauernstrukturen auch völlig unabhängig vom Tuning.

Ich denke, man muss hier auch unterscheiden zwischen, ich nenn es mal statisches und dynamisches Wissen, wobei sich statisches Wissen in Reinkultur
äussert in der Erkennung, daß zwei Könige allein auf dem Brett ein Remis zur Folge hat. Dynamisches Wissen zeigt sich beispielsweise als das Ergebnis einer intelligenten
und ausgewogenen Bewertungsfunktion, die ein Programm dazu veranlasst, seinen Turm hinter einen Freibauern zu bringen.

Aus das Thema Tuning bezogen spielt also aus meiner Sicht das statische Wissen eine untergeordnete Rolle, da es einfach zu selten "greift", ich habe
schon hunderte von Computerpartien gespielt und kann mich nicht an ein Endspiel mit Springer/Läufer gegen König erinnern und das würde ich garantiert....
ja, ich weiß, es kommt vor, aber wie gesagt, nicht entscheidend um sichtbare Auswirkungen auf die Spielstärke nach sich zu ziehen.
 Zitat von Mythbuster Beitrag anzeigen
Als Beispiel hierfür möchte ich den Mephisto III bzw. Glasgow anführen. Dieses Programm wähle ich, weil es bekannt ist, daß es seine Entscheidungen nach menschlichen Kriterien trifft, langsam ist und dennoch "vernünftig" spielt. Außerdem können wir das Programm auch ideal aus "Tuning Sicht" betrachten, Mess Emu und Revelation sei Dank.

Was stellen wir nun beim Glasgow fest? Die erste große Beschleunigung im Revelation auf 66 MHz (Faktor 6,5) bringt tatsächlich einen Zuwachs an Spielstärke. In diesem Fall 143 Elo Punkte ... es liegt also im Rahmen der Regel. Was passiert nun, wenn man den Revelation als Basis nimmt und die Geschwindigkeit noch einmal um den Faktor 16 steigert? Eigentlich sollte die Elo Zahl dann um weitere 200 Punkte zunehmen ... Das ist jedoch nicht der Fall. Wenn überhaupt, spielt so ein "Turbo Glasgow" maximal 50 Punkte besser. Hier zeigt sich deutlich, daß eine weitere Steigerung der Geschwindigkeit keinen Zuwachs mehr bringt. Der Glasgow spielt die gleichen falschen Züge, nur schneller!
Hab mir schon gedacht, daß Du den Glasgow in diesem Zusammenhang erwähnst, aber...

in dieser Diskussion und Thematik würde ich ihn gern außen vor lassen bzw. einer separaten Betrachtung unterziehen, die Erklärung ist ja auch ganz einfach:
der Glasgow rechnet völlig anders als alle anderen Programme und sein Suchverhalten ist in keinster Weise z. B. mit dem eines MM IV oder Magellan vergleichbar.

Für die Programme von Nitsche/Henne gelten andere Kriterien, wie schon gesagt, dieses Programm muß man für sich allein unter die Lupe nehmen und ich bin
mir ziemlich sicher, daß es sich in Bezug auf Tuning ebenso anders verhält als die breite Masse.
 Zitat von Mythbuster Beitrag anzeigen
Wenn ein Programm hingegen wenig wissen hat und seine Züge rein aufgrund von schnellen, tiefen Berechnungen findet, kann man in der Theorie davon ausgehen, daß es "länger" dauert, bis der tote Punkt im Tuning erreicht ist ... aber natürlich gilt auch hier: Das Programm bildet aufgrund von Kriterien seine Entscheidung ... und manchmal auch die falschen Entscheidungen ... da hilft dann auch kein Tuning mehr.
Einfache Beispiele hierfür: Wenn ein Programm keine Ahnung vom "Falsche Läufer Spiel" hat, wird es fast immer den falschen Zug spielen ... auf der anderen Seite: Wenn ein Programm die Regel kennt, spielt es immer richtig, dann ist das Tuning ebenfalls meist nutzlos ... außer es kann im Suchbaum zu einer Stellung gelangen, in der ihm das Wissen hilft und diese herbeizwingen.
Wie gesagt, kommt meiner Meinung nach einfach zu selten vor um Relevanz zu haben.
 Zitat von Mythbuster Beitrag anzeigen
Dank Mess Emu und Revelation konnte ich mittlerweile viele Programme "getunt" beobachten ... und bis jetzt habe ich keine Regel gefunden, welche Programme mehr profitieren: Die "dummen Rechner" oder die "intelligenten Spieler" ... es gibt in beiden Lagern Beispiele für beide Varianten.
Muss es denn davon abhängen, ob "dumm" oder "intelligent"?, ich tendiere mehr in die Richtung "langsam" oder "schnell" durch den Suchbaum...
 Zitat von Mythbuster Beitrag anzeigen
Offenbar ist es so, daß manche Programme schon ziemlich am möglichen Optimum sind, auch ohne Tuning ... und andere Programme durchaus mit besserer Hardware mehr Leistung bringen.
Ja, damit kommen wir wieder auf den Titel dieses Threads zurück , aber auch wenn wir keine endgültige Antwort auf diese Frage finden, lohnt es sich, darüber zu diskutieren.

Grüße
Uwe
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Der nächste Satz ist eine Lüge. Der vorhergehende Satz ist wahr.
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