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Alt 20.01.2009, 17:26
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AW: Spielstärke bei Schachcomputerprogrammen

Na gut, dann will ich mich mal an einer (einfachen) Antwort versuchen.

Die Spielstärke eines Schachcomputers wird auf Turnierstufe 40 / 120 ermittelt!

Grundsätzlich gibt es eine einfache Formel, die sich in etlichen Tests immer wieder bestätigt hat: eine Verdopplung der Rechenzeit bringt ca. 70 Elopunkte (bei einem selektiven Programm). Entsprechend kostet eine Halbierung der Geschwindigkeit ca. 70 Elopunkte. Diese Formel ist zwar "allgemeingültig" aber es gibt immer wieder Ausnahmen (reine Brute Force Boliden, extrem selektive Programme etc. pp.) . . . Auch wird vermutlich irgendwann eine weitere Verdopplung der Zeit bzw. Eröhung der Hardwaregeschwindigkeit nur noch geringere Vorteile bringen, weil sich das Programm ganz einfach wegen "Nichtwissen" einfach zu Tode rechnet, weil es eine Stellung nicht versteht . . . Ganz allgemein jedoch ist die Formel recht zuverlässig . . .

Beispiel: Ein Computer mit einer "Normal-Elo" von 2.200 Elo Punkten kommt dann bei 90 Sekunden pro Zug auf ca. 2.130 Punkte, bei 45 Sekunden pro Zug auf 2.060 Punkte, bei 10 Sekunden pro Zug bleiben etwas über 1.900 Elo Punkte übrig!

Dies gilt, wenn der Gegner des Computers (egal ob Mensch oder Maschine) regulär mit 40 / 120 spielt, also mit voller "Normkraft".


Jetzt könnte man sich fragen: "Ich habe 1.900 Elopunkte, warum schaffe ich in der 10 Sekunden Stufe nicht regelmäßig 50% der Punkte?" -> Das hat in erster Linie psychologische Gründe: Der Mensch zieht nicht erst nach drei Minuten, sondern schneller und er hat nicht die drei Minuten "Permanent Brain" Zeit des Gegners. Dazu kommt der Faktor der "Unterschätzung", getreu dem Motto: "Wenn die Kiste so schnell zieht, spielt sie schlechter." Hierdurch kommt es schnell zu falschen Einschätzungen.

Es gab in der Tat Untersuchungen, in denen die menschlichen Spieler bessere Resultate erzielt haben, wenn die Züge der Maschine erst nach mehreren Minuten von einem Bediener ausgeführt wurden.

Wenn Mensch gegen die Maschine spielt und beide haben eine Turnier-Elo von 2.200 Punkten, so wird bei einem reinen 5 Minuten Blitz in der Regel jedoch die Maschine gewinnen . . . warum? Dies liegt daran, daß die Maschine (auch bei extrem kurzen Zeiten) keine taktischen Fehler macht. Die Stärke des Menschen ist seine strategische Übersicht, diese kommt jedoch unter Blitzbedingungen nicht bzw. nur eingeschränkt zum Tragen. Rein taktisch hingegen sind auch sehr gute Spieler dem Computer hoffnungslos unterlegen.

Ein einfaches Beispiel hierfür ist der Umstand, daß auch Spieler wie Kasparov im Minutenblitz einer 2.400er Maschine unterlegen sind . . .

Wie kommt es dann, daß es Menschen mit einer 2.900er Blitzwertung gibt? Ganz einfach, diese Werte werden ausschließlich in Partien Menschen vs. Menschen ermittelt . . . sprich, unter gleichen Bedingungen ergeben sich dann relative Wertigkeiten.

Und zur letzten Frage: In den "Anfängerstufen" bei den Programmen von Richard Lang wird zunächst diverses Schachwissen abgeschaltet. Dann werden die Bewertungsparameter verändert und die Rechentiefe begrenzt. In den untersten Stufen macht das Programm dann noch in regelmäßigen Abständen absichtlich Fehler (Einstellen von Figuren) um es dem Gegner einfacher zu machen.

Ich hoffe, diese kurzen Ausführungen konnten ein wenig helfen!


Grüße, Sascha
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Geändert von Mythbuster (20.01.2009 um 17:51 Uhr) Grund: Ergänzungen eingefügt . . .
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