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Alt 01.01.2009, 14:28
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EberlW EberlW ist offline
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AW: Dreiecksmanöver auf dem Mephisto Atlanta

 Zitat von Tom
[FEN "8/2k5/p1P5/P1K5/8/8/8/8 w - - 0 1 "]1. Kd5 Kc8 2. Kc4 Kb8 3. Kd4 Kc8 4. Kd5 Kc7 5. Kc5 Kc8 6. Kb6


Beim Stöbern in der Deutschen Schachzeitung Juli 1971 fand ich gestern abend folgende, oben dargestellte Position. Sie stammt aus einer Partie zwischen Fahrni und Alapin in Karlsbad 1911. Wenn man alle Steine eine Reihe nach rechts setzt, ergibt das eine Studie von B. Horwitz, sagt der Text.

Es heißt dort außerdem:

"Dieses klassische Endspiel sei zum Studium empfohlen. Im "Chéron" findet man es nicht, und im "Awerbach" ist sie ohne Namen und andere Hinweise enthalten. Warum? Weiß gewinnt leicht, wenn Schwarz am Zuge ist, weil der König nach b6 vordringt. Weiß muss deshalb versuchen, die gleiche Stellung mit Schwarz am Zuge zu erreichen. Das Dreiecksmanöver hilft auch hier.

1. Kd5 Kc8 Auf 1. ... Kd8 oder 1. ... Kb8 2. Kd6 Kc8 3. c7 wird der c-Bauer forciert.
2. Kc4 (oder d4) Kb8 (oder d8) Bei 2. ... Kb7 3. Kb5 ist die Ausgangsstellung schon erreicht mit Schwarz am Zuge.
3. Kd4! Kc8
4. Kd5! Im nächsten Zuge kann der König „in Opposition“ gehen.
4. ... Kc7 (oder Kd8/b8 5. Kd6 wie oben)
5. Kc5 Kc8
6. Kb6 und gewinnt.

Wenn ich auf dem Brett des Atlanta die schwarzen Steine führe, berechnet der Atlanta mühelos die richtigen weißen Züge (da ich aber die Sache im Zweispielermodus (= sehr schönes, angenehmes Feature) überprüft habe, kann ich bestätigen, dass auch die schwarzen Züge laufend korrekt angezeigt werden).

Im Diagramm die Hauptvariante.
Hallo Tom,

der Atlanta beherrscht solche Dinge zweifelsohne - hat er doch Zugriff auf eine sogenannte "Endspieldatenbank", die einfache Bauernendspiele beinhaltet. Möglicherweise packt er das aufgrund seiner Hashtables sogar ohne jegliche Datenbank. Es gibt ja nicht so viele plausible Züge zu bewerten in dieser Stellung.

Das der Atlanta aber mit Bauern auch so seine Probleme hat, möchte ich an folgendem Beispiel zeigen. Hier eine Situation, wie sie in einer praktischen Partie zustande kam. Atlanta's Gegner, King 2.54, übersieht (wie der Atlanta selbst auch) einen gewinnbringenden Einschlag (den die Kittinger-Kisten ggf. finden könnten?!?) mit erzwungener Zugfolge und versäumt es gleich im nächsten Zug, die Stellung zumindest ausgeglichen zu halten. Daraufhin erarbeitet sich der Atlanta ein gewonnenes Turmendspiel mit zwei Mehrbauern. Doch hampelt er trotzdem so lange unfähig auf dem Brett hin und her, bis er selbst im 35ten Zug nach gezeigter Ausgangssituation ordentlich daneben greift und anschließend -wie zuvor sein Gegner- nur einen Zug später die Partie wegwirft! Sowas peinliches sieht man selten. Das hat auch nicht mehr viel mit mangelnder Suchtiefe zu tun, aber schau' es Dir selbst an:

[FEN "2r3k1/p4ppp/6r1/4p3/3bq3/P1P3P1/QP1B1P1P/1RR3K1 b - - 0 29"][Event "30/move"][Site "?"][Date "2008.12.29"][Round "7"][White "Atlanta, Mephisto"][Black "King 2.54 @ CM 512k, TASC."][Result "0-1"][ECO "C58"][WhiteElo "2293"][BlackElo "2277"][SetUp "1"][FEN "2r3k1/p4ppp/6r1/4p3/3bq3/P1P3P1/QP1B1P1P/1RR3K1 b - - 0 29"][PlyCount "117"][EventDate "2008.??.??"]29... Bb6 $2 {Verpasst den siegreichen Einschlag 29...Lxf2+ 30. Kxf2 Td8 31.Td1 Td3 32.Lg5 Df3+ 33.Kg1 Txd1+ 34.Txd1 Dxd1+ 35.Kf2 Txg5} 30. Re1 Qf5 $2 {Viel besser war 30...Dc2=, doch nach dem Partiezug ist diese Begegnung praktisch verloren} 31. Be3 Rf6 32. Bxb6 axb6 33. Re2 Qf3 34. Rd2 e4 35. Qc4 Qxf2+ 36. Rxf2 Rxc4 37. Rd1 Rc8 38. Rxf6 gxf6 39. Rd6 Rb8 40. Rxf6 Kg7 $18 41. Rd6 {Besser noch war 41.Tf4} b5 42. Kf2 f5 43. Ke3 Kf7 44. Rd7+ Kg6 45. Rd4 Re8 46. Rd5 Rb8 47. h4 h5 48. Rd6+ Kg7 49. Rd5 Kg6 50. Re5 Rd8 51. Rxb5 {Wer vermutet hier, dass der Atlanta so eine Partie noch verliert?} Rd3+ 52. Kf4 Rf3+ 53. Ke5 e3 54. Rb6+ Kf7 55. Rb7+ Ke8 56. Ke6 Kd8 57. Kd6 Kc8 58. Rc7+ Kb8 59. Rg7 Rf1 60. Re7 Rf3 61. Rf7 Rf1 62. Rf8+ Kb7 63. Re8 Rf3 64. Ke6 $2 {Nachdem schon viele schwache Züge des Atlanta für einen Stillstand jeglichen Fortschritts sorgten, ist das annähernd der Gipfel schwacher Endspielleistungen. Der einzig richtige Zug hier ist 64.Ke5! um den schwarzen Monarchen auf Distanz zu halten.} Kc6 65. Ke5 $2 {Geht es noch schwächer? 65.b4 hatte noch gute Gewinnaussichten, aber dieser Fehlgriff dreht den Spieß nun augenblicklich um - Atlanta wird dieses Endspiel verlieren!} Kd7 66. Re6 Rf1 67. Kf6 f4 68. g4 hxg4 69. h5 {69.b3 hilft auch nicht mehr} g3 70. h6 Rh1 {Stärker war 70...g2!} 71. Re7+ Kd8 72. h7 f3 73. Re4 g2 74. Rd4+ Kc7 75. Rc4+ Kb6 76. Rb4+ Ka5 77. Rf4 g1=Q 78. b4+ Kb6 79. a4 Rh6+ 80. Ke5 e2 81. Rf6+ Rxf6 {# in 8} 82. Kxf6 {# in 6} f2 {# in 7} 83. h8=Q f1=Q+ 84. Ke7 e1=Q+ 85. Kd8 Qg5+ 86. Kc8 Qh3+ 87. Qxh3 {42:21} Qe8# {37:10 Eklatante Endspielfehler kosteten dem Atlanta den sicheren Sieg. Aber auch King wies in dieser Partie viele Schwächen auf und verschenkte auch einmal den sicheren Sieg und ließ den Atlanta durch einen gleich folgenden Fehlzug entscheidenden Vorteil erreichen. King hatte hier mehr Glück als Verstand, dass Atlanta anschließend so unfähig fortsetzte - sofern man das über einen Computer sagen darf.} 0-1


Na, wer hätte gedacht das bei einem Defizit von 5:3 Bauern im Turmendspiel der unterlegene Streiter alle 3 Bauern in Damen verwandeln kann UND diese sogar für einen kurzen Moment GLEICHZEITIG auf dem Brett sind?

Gruß, Willi
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