AW: Der Mephisto Phoenix - mehr als "nur" ein Schachcomputer
Moin,
ok, dann will ich meine Meinung zu dem kommenden Gerät auch noch abgeben.
Noch eine Sache vorweg. Ich war und bin kein Beta-Tester des Gerätes, sondern habe nur die Chance genutzt, die mir Sascha geboten hatte.
Auch hatte ich in meinem Urlaub nicht ewig Zeit, um alle Funktionen bis ins Kleinste zu testen.
Unsere Intention ist letztendlich darauf gerichtet, dem User die Möglichkeit zu bieten, sich ein Bild des neuen Gerätes zu verschaffen, damit dieser zumindest einen gewissen Einblick erhält, um nicht die berühmte „Katze im Sack“ kaufen zu müssen, wenn man (oder Frau) sich mit dem Gedanken trägt, sich das Teil zuzulegen.
Wenn man dann nebenbei noch die Möglichkeit erhält, um Ideen einzubringen, erhoffen wir uns einfach gewisse Synergieeffekte hinsichtlich Community und Hersteller, um die Qualität des Produktes den Markterwartungen weiter anzupassen.
Ich bin sehr gespannt, in wieweit bzw. ob der Hersteller unsere Ideen, Kritiken etc. aufnehmen wird.
Sascha hatte in seinem Fazit schon etliche Dinge aufgeführt, die sich mit meiner Meinung bzw. Einschätzung in vielen Punkten decken. Somit mache ich es relativ kurz.
An der Verarbeitung habe ich nichts auszusetzen. Auch das Innenleben ist professionell gestaltet. Wer jemals einen Tasc R40 von innen gesehen hat (Foto in der Wiki) und noch den „Spottpreis“ von ~5000 DM in Erinnerung hat, der weiß was ich meine.
Der 7 Zoll Touchscreen ist relativ leichtgängig und von der Größe ausreichend. Was mich etwas stört, ist die gewählte Schriftart im Nativebereich. Sieht man auch auf den Fotos. Aber das ist nur meinem ästhetischen Empfinden geschuldet.
Kommen wir zum Nativebereich. Zu den momentan vorhandenen Engines + Optionen hatte ich schon ausführlich Stellung bezogen.
Ich hatte mich hauptsächlich Shredder zugewandt, da mir der Spielstil sehr gut gefällt und gleichzeitig die Möglichkeit geboten wird, eine Elo-Zahl auf der adaptiven Stufe zu erspielen. Macht grundsätzlich viel Spaß, aber ein großer Kritikpunkt, den Sascha schon angesprochen hatte, ist mir aufgefallen.
Das Verhalten der Uhren in einem Countdown-Modus (Rapid-, Turnierstufen oder Min. per Game).
Wie von Sascha beschrieben, läuft meine Uhr sofort weiter, sobald der Zug des Computers angezeigt wird. Sorry, aber das ist schlicht extrem unfair.
Ich bin nun wirklich sehr geübt im Erkennen und Ausführen von Zügen. Trotzdem benötige ich, wenn ich schnell unterwegs bin 2-3 Sekunden für die Ausführung des gegnerischen Zuges. Geht man von einer durchschnittlichen Zugzahl von 50 Zügen aus, stellt dieses Uhrenverhalten für den menschlichen Spieler eine deutliche Benachteiligung dar.
Man könnte nun argumentieren, warum, ist doch ok. Schließlich läuft das doch im Turnierspiel genauso ab. Nein, genau das ist nicht der Fall. Folgt man den Schachregeln, wird zuerst der Zug auf dem Brett ausgeführt und dann mit der gleichen Hand die Uhr betätigt. Erst dann läuft meine Zeit.
Würde der Mephisto Phoenix seinen Zug eigenständig ausführen, wäre es in Ordnung. So aber sehe ich es als großes Problem, da mir schlicht der Spaß genommen wird, wenn ich mit einer Countdownstufe spiele.
Meine Uhr darf erst dann laufen, wenn ich den angezeigten Zug des Computers am Brett ausgeführt habe. Gleichzeitig verweise ich nur auf Schachcomputer aus dem Hause Millennium (King, ChessGenius usw.), die genau diese Funktion so implementiert haben. Ebenso wie fast alle Schachcomputer. Und mir soll keiner mit dem Argument kommen, damit beschummelt man sich doch selbst. Wer hier schummelt, kann man gut am oben genannten Zeitbeispiel erkennen.
Außerdem, es ist mein Gerät. Wenn ich mich selbst beschummeln will, dann ist das meine Sache. Das Gerät soll MIR Freude bringen.
Zweite Möglichkeit, wenn es wirklich fair sein soll, wäre die Hinterlegung einer Bedienzeit. Also welche Zeit möchte man für die menschliche Zeit pro Zug aufschlagen, um in Ruhe den Computerzug auszuführen, ohne dass ich massiv Zeit verliere.
War jetzt etwas lang, aber dieser Punkt hat mich einfach genervt. Diese Geschichte wurde natürlich an den Hersteller adressiert.
Ansonsten kann ich mich nur Saschas Punkten anschließen. Die Bedienung auf der Native-Ebene ist einfach anders, aber kein großes Problem. Ich habe mich sehr schnell daran gewöhnt.
Über die fehlenden, von Sascha genannten Möglichkeiten, würde ich nur auf den Schachlehrer + Fischer Random verzichten können, den Rest sehe ich in der heutigen Zeit als extrem wünschenswert. Schließlich will das Gerät auch den ambitionierten Schachspieler ansprechen.
Auch habe ich noch 2 Fehler (Book Thresh / PGN USB) gefunden und diese an Ruud weitergeleitet. Ruud schrieb mir, er wird alle Probleme entsprechend bearbeiten.
Ansonsten steht und fällt der Native Bereich mit der Qualität, Flexibilität und Variabilität der Engines bzw. Einstellmöglichkeiten. Da kann ich nun nicht zwingend meckern. Die Nummer passt soweit, wenn man die Countdown Uhrengeschichte noch ändert und zusätzlich zu den vielen anwählbaren Spielstufen frei wählbare vielleicht in einem späteren Update nachreicht, wäre ich rundum zufrieden. Ebenso gehe ich davon aus, dass gefundene Fehler schnellstmöglich behoben werden.
Klar, mehr gute Engines wären wünschenswert. Mal abwarten.
Fehlt noch der kurze Blick auf den Retro Bereich. Auch hier kann ich mich Sascha zu 100% anschließen. Ruud hat viel Liebe zum Detail gezeigt. Beispiele sind die neue Speedbar, die zusätzlichen Touch-Möglichkeiten (Abstufung aller Emus, Auswahl CPU, Speed…) oder die Figurenerkennung der Lang Programme Lyon, Vancouver und London inkl. der 3MB Hash Möglichkeit usw. Super Job von Ruud.
Was mir nicht gefällt… ich hätte gerne alle Emus, die sich auch im Rev II AE bzw. Reflection finden. Ja, ich höre gerade die große Zustimmung aller Fans der alten Geräte.
Und… Jungs, so innovativ sich z.B. die neue Speedbar zeigt, so lieblos ist die grafische Darstellung des Auswahlmenüs der Retro Engines. Auch empfinde ich die Größe der Displayanzeigen (bis auf den R30) als deutlich zu groß.
Ja ok, man kann die grafischen Tastaturen der Schachcomputer aufgrund der Touch Bedienung nun recht einfach bedienen. Damit kann ich gut leben, auch wenn ich mir Bitmaps der Originaltastaturen gewünscht hätte. Ich weiß, meckern auf hohem Niveau. Aber die Anzeige der Displays ist mir viel zu groß. Auf dem 7 Zoll Display erschlägt mich die Größe der Anzeigen etwas.
Wo man bei einem Reflection die Anzeige im wahrsten Sinne des Wortes noch unter die Lupe nehmen musste, kann ich die Ausgabe auf dem Mephisto Phoenix auch aus 10 Metern Entfernung noch problemlos erkennen. Hier würde ich mir eine feinere Auflösung wünschen.
Rein technisch habe ich aber nichts zu meckern. Funktioniert alles gut, zumindest habe ich in der kurzen Zeit keine gravierenden Fehler feststellen können. Mit dem Retro Bereich, bis auf die angesprochene Grafik, bin ich sehr zufrieden.
Was bleibt mir als Fazit? Die Grundidee, das Potential der Kiste ist definitiv erkennbar. Es finden sich viele sehr gute Ideen und Funktionen, aber eben auch noch Schwachstellen.
Neue Ideen sind ausreichend vorhanden und angesprochen worden. Nun muss man abwarten, in wieweit sich der Hersteller dieser Ideen bzw. Problematiken annimmt, um ein wirklich bahnbrechendes Gerät im Laufe der Zeit zu schaffen.
Fakt ist, ich werde das offizielle Verkaufsgerät genau unter die Lupe nehmen und schauen, ob angesprochene Punkte verbessert wurden. Auch hoffe ich auf Taten, aufgrund der Ankündigungen.
Kaufempfehlung: Wie immer muss jeder für sich entscheiden, ob das Gerät für ihn einen Mehrwert darstellt, sich ein Kauf lohnt. Die Geschmäcker sind so vielfältig, nicht nur in dieser Community. Aber ich denke, jeder Leser kann sich ein gewisses Urteil aufgrund der Review bilden.
Nachtrag: Sascha hatte es schon gesagt. Bitte nervt mich nicht wieder mit irgendwelchen Preisdiskussionen. Ich hoffe, der offizielle Preis wird nun endlich veröffentlicht, damit man weiß, woran man ist.
Danke.
Gruß
Micha
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