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-   -   Tipp: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau (Der LC0 Thread) (https://www.schachcomputer.info/forum/showthread.php?t=5030)

applechess 05.06.2018 12:06

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
Liebe Schachfreunde
Seit ich mit der deutlich schnelleren Leela Cuda arbeite, habe ich den Eindruck, dass man nun die Engine auch ganz normal zur Analyse einsetzen kann. Finde ich einfach toll.
Gruss
Kurt

StPohl 05.06.2018 13:49

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
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Zitat von applechess (Beitrag 73884)
Liebe Schachfreunde
Seit ich mit der deutlich schnelleren Leela Cuda arbeite, habe ich den Eindruck, dass man nun die Engine auch ganz normal zur Analyse einsetzen kann. Finde ich einfach toll.
Gruss
Kurt

Nun ja, vielleicht als zusätzliche Engine (parallel neben einer klassischen Engine) als “Ideengeber“. Das könnte man machen, zumal Leela Cuda ja nur sehr wenig CPU-Leistung benötigt und daher die klassische Engine kaum bremst. Aber man muß immer im Hinterkopf haben, daß Leela taktisch alles andere als stark oder gar zuverlässig ist. Insofern sollte man alle Leela-Analysen immer durch eine klassische Engine taktisch “absichern“, sonst kann das böse enden.
Die neueste Leela Cuda vom 4.6. hat ein verändertes Parametersetting, welche taktisch etwas sattelfester sein soll...es ist allerdings noch experimentell. Und eine Taktik-Granate wird Leela nie werden. Dafür sind die Stellungs-Bewertungen durch das virtuelle Neuralnetz viel zu aufwendig und langsam.

Stefan

applechess 05.06.2018 14:00

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
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Zitat von StPohl (Beitrag 73887)
Nun ja, vielleicht als zusätzliche Engine (parallel neben einer klassischen Engine) als “Ideengeber“. Das könnte man machen, zumal Leela Cuda ja nur sehr wenig CPU-Leistung benötigt und daher die klassische Engine kaum bremst. Aber man muß immer im Hinterkopf haben, daß Leela taktisch alles andere als stark oder gar zuverlässig ist. Insofern sollte man alle Leela-Analysen immer durch eine klassische Engine taktisch “absichern“, sonst kann das böse enden.
Die neueste Leela Cuda vom 4.6. hat ein verändertes Parametersetting, welche taktisch etwas sattelfester sein soll...es ist allerdings noch experimentell. Und eine Taktik-Granate wird Leela nie werden. Dafür sind die Stellungs-Bewertungen durch das virtuelle Neuralnetz viel zu aufwendig und langsam.
Stefan

Hallo Stefan
Mir ist einfach aufgefallen, dass Leela Cuda die guten Züge, oftmals auch
taktischer Art, bedeutend schneller anzeigt als früher. Muss mal einen
"Härtetest" mit einer wirklich hochtaktischen Partie durchführen.
Gruss
Kurt

StPohl 05.06.2018 18:42

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
Endlich gibt es für Leela-Cuda Versionen auch ein changelog...bisher mußte ich in den diversen discordApp-Threads von Leela und im LCZero GoogleGroups Forum immer mühsam nach Infos suchen, was sich in den neuen Versionen geändert hat.
Insofern eine große Hilfe, jetzt endlich ein changelog zu haben.

https://crem.xyz/lc0/changelog.txt

Stefan

applechess 05.06.2018 20:44

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
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Zitat von StPohl (Beitrag 73889)
Endlich gibt es für Leela-Cuda Versionen auch ein changelog...bisher mußte ich in den diversen discordApp-Threads von Leela und im LCZero GoogleGroups Forum immer mühsam nach Infos suchen, was sich in den neuen Versionen geändert hat.
Insofern eine große Hilfe, jetzt endlich ein changelog zu haben.

https://crem.xyz/lc0/changelog.txt

Stefan

Danke Stefan. Was würde ich (wir?) ohne deine Hilfe tun.
Gruss
Kurt

Hartmut 06.06.2018 02:17

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
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Zitat von StPohl (Beitrag 73887)
Nun ja, vielleicht als zusätzliche Engine (parallel neben einer klassischen Engine) als “Ideengeber“. Das könnte man machen, zumal Leela Cuda ja nur sehr wenig CPU-Leistung benötigt und daher die klassische Engine kaum bremst. Aber man muß immer im Hinterkopf haben, daß Leela taktisch alles andere als stark oder gar zuverlässig ist. Insofern sollte man alle Leela-Analysen immer durch eine klassische Engine taktisch “absichern“, sonst kann das böse enden.
Die neueste Leela Cuda vom 4.6. hat ein verändertes Parametersetting, welche taktisch etwas sattelfester sein soll...es ist allerdings noch experimentell. Und eine Taktik-Granate wird Leela nie werden. Dafür sind die Stellungs-Bewertungen durch das virtuelle Neuralnetz viel zu aufwendig und langsam.

Stefan

Da muss ich Stefan recht geben. Als Analyseengine würde ich Leela zwar durchaus einsetzen, aber man muss da sehr viel Vorsicht walten lassen. Die Stellungsbewertungen funktionieren bei Leela völlig anders als bei jeder anderen Engine. Was man auf jeden Fall machen kann ist, sich positionell Ideen zu holen. Auch in der Eröffnungsphase entwickelt das Programm sehr gute Ideen, mit denen man so manchen guten Plan entwickeln kann. Ich kenne kein Programm dass Leela in positioneller Hinsicht wirklich das Wasser reichen kann. Das Problem ist, dass - gerade gegen starke Engines - die sehr guten positionellen Ideen oftmals an der taktischen Anfälligkeit scheitern. Das heisst, Leela hat positionell die richtige Idee, wird dann aber eben taktisch ausgehebelt. Man merkt das am prinzipiellen Vorgehen von Leela sehr deutlich. Die Hälfte der Partien wird gewonnen, weil Leela in geradezu unverschämter Weise mit den Bauern vorstürmt, den Gegner einengt, etc. Die Folgen der Einengung werden von den Gegnern meistens nicht erkannt (oder erst wenn es zu spät ist). Dummerweise macht Leela dann oftmals Züge in denen sie ein- oder zweizügig den Vorteil wieder hergeben muss, weil irgendein taktischer Trick übersehen wurde. Während schwächere Engines dann die taktische Wendung nicht so leicht finden, kann man da den Top 3 (Stockfish, Houdini und Komodo) oder auch den Top 20 in den Enginelisten normalerweise kein X für ein U vormachen.

Will man selber in der Analyse - zum Beispiel im Fernschach - Ideen einbringen und die Engine diese Ideen prüfen lassen, dann hat Leela einen weiteren Nachteil. Sie speichert zwar die ihre Analysen der letzten 8 Züge und kann im normalen Spiel darauf zurückgreifen, hat aber keinen "konventionellen" Hash-Speicher. Spiele ich mit einer "normale" Engine aus einer gegebenen Ausgangsstellung eine Variante durch und komme dann in eine Stellung, in der der Gegner in Nachteil kommt (was die Engine vielleicht aus der Ausgangsstellung heraus vorher nicht gesehen hat) dann hat sie diese Folge im Hash gespeichert, sie wird dann diese Zugfolge auch aus der Ausgangsstellung heraus sehen und nicht abschneiden. Leela hingegen kann auf solche Informationen nicht zugreifen.

Der nächste Nachteil ist noch folgender. Wie gesagt kann Leela im praktischen Spiel auf die Rollouts der letzten 8 Züge zugreifen. Wenn ich eine Engine beim Fernschach für eine Analyse einsetze, dann spiele ich aber nicht nur eine Partie sondern meist mehrere. Speichere ich eine Stellung ab, dann habe ich die Stellung, nicht aber die Analysen der letzten Züge. Bei den meisten Engines gibt es zwischenzeitlich die Möglichkeit den Inhalt des Hash-Speichers abzuspeichern. Kommt jetzt der nächste Zug meines Fernschachpartners, kann ich diesen Hashspeicher auch wieder reinladen. Bei Leela gibt es - zumindest bisher - keinerlei Möglichkeit die Inhalte der letzten Rollouts, die Leela im praktischen Spiel zur Verfügung hat - in ähnlicher Form abzuspeichern. Das schränkt die Möglichkeiten als Analyseengine derzeit noch sehr stark ein. Aber vielleicht kann man sowas irgendwann noch einbauen. Derzeit - in der Trainingsphase - wird man auf solche Sonderwünsche jedoch wohl eher weniger Zeit und Energie verwenden.

Allerdings ist eines richtig. Die taktische Anfälligkeit ist in letzter Zeit wirklich geringer geworden. Aber es gibt trotzdem noch zu viele taktische Aussetzer...

StPohl 06.06.2018 06:41

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
Sehr ausführlich und treffend beschrieben...
Das Gute an Leela (sowohl GPU, als auch Cuda) ist ja, daß sie nur sehr wenig CPU-Leistung benötigt. Die eigentliche Rechenarbeit findet ja in der Grafikkarte statt. Per default sind 2 Threads eingestellt.
Hat man nun z.B. ein Quadcore-Notebook (dort ist das Hyperthreading meist nicht abschaltbar), läßt man bei Leela die Threads auf 2 und lädt eine normale Engine zusätzlich als Kibitz (zumindest in Fritz/Chessbase kein Problem) ein und gibt dieser 6 Threads. Dann sollte die normale Engine sehr flott laufen und Leela auch.
Wer ein System ohne Hyperthreading am Laufen hat, kann Leela auf einen Thread heruntersetzen (das ist dann ja ein realer CPU-Kern, das reicht völlig aus), und alle verbleibenden CPU-Kerne der klassischen Engine zuweisen.
Das sollte passen! Und so nutzt man seine Systemressourcen optimal für Leela und eine normale Engine, die dann gleichzeitig und praktisch ungebremst laufen sollten.

Stefan

applechess 06.06.2018 08:04

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
Zitieren:

Zitat von Hartmut (Beitrag 73893)
Da muss ich Stefan recht geben. Als Analyseengine würde ich Leela zwar durchaus einsetzen, aber man muss da sehr viel Vorsicht walten lassen.
[...]
Allerdings ist eines richtig. Die taktische Anfälligkeit ist in letzter Zeit wirklich geringer geworden. Aber es gibt trotzdem noch zu viele taktische Aussetzer...

Hallo Hartmut
Vielen Dank für deine treffende Beschreibung.
Gruss
Kurt

applechess 06.06.2018 18:12

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
Zitieren:

Zitat von Hartmut (Beitrag 73893)
Allerdings ist eines richtig. Die taktische Anfälligkeit ist in letzter Zeit wirklich geringer geworden. Aber es gibt trotzdem noch zu viele taktische Aussetzer...

Hallo Hartmut
Nach einiger Beschäftigung mit Leela Cuda 9.2 sind mir folgende Dinge
aufgefallen. Das Programm wechselt (sehr) selten den zuerst erwogenen
Zug. Taktisch hat Leela stark zugelegt, wobei nicht immer die allerbesten
Varianten bevorzugt werden, aber meistens ebenfalls Gewinn bringende Züge
angeboten werden. Geradezu sensationell werden die Bauern eingesetzt.
Grottenschlecht sieht es bei Mattangriffen aus, wo auch 2-Züger übersehen
werden können, wie unten stehendes Beispiel zeigt ...Sc3, Dxc3 De2 Matt.
Taktisch scheint Leela z. B. dann auch Schwierigkeiten zu haben, wenn
es nur eine einzige, zwingende und langzügige Gewinnführung gibt ... also
nicht verschiedene Wege nach Rom führen. Unter Berücksichtigung der noch
vorhandenen Schwächen bin ich aber mit dem Analysemodus doch recht
zufrieden, werden doch vor allem in positionell/strategischer Hinsicht eben
Vorschläge angeboten, die von anderen Engines nicht kommen.
Gruss
Kurt

[Event "Paris-match"]
[Site "Paris"]
[Date "1862.??.??"]
[Round "?"]
[White "Turgenev, Ivan"]
[Black "Kolisch, Ignac"]
[Result "0-1"]
[ECO "C58"]
[Annotator "GM Lubomir Kavalek/The Huffington Post"]
[SetUp "1"]
[FEN "r1b1r1k1/pp3pp1/7p/2Pp4/4n3/1P3Q1P/P1PN2q1/R1BK1R2 b - - 0 1"]
[PlyCount "6"]
[EventDate "1862.??.??"]
[EventCountry "FRA"]
[Source "ChessPublishing"]

{[#]} 1... Bxh3 $2 (1... Nc3+ 2. Qxc3 Qe2#) 2. Qxf7+ Kh7 3. c3 Nxd2 4. Rf2 0-1


rollinghills 06.06.2018 19:01

AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau
 
Hallo zusammen!

Ich hätte da mal eine Frage: Wenn ein Schach Programm 2018 kaum mehr "weiß" als:
- die Schachregeln
- den Wert der Figuren
- dass Figuren in der Mitte i.d.R. besser stehen, als am Rand

Es - das Programm - also einfach rechnet, und die Schlussstellungen bewertet, etc.

Wie stark wäre es dann so in etwa - nach Eurer Meinung. Alleine aufgrund der Rechenleistung heutiger handelsüblicher Prozessoren?

Der Hintergrund meiner Frage: Wie viel künstliche "Intelligenz" ist für einen Rechner eigentlich noch nötig, um besser als M. Carlsen zu spielen?


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