Allen, die wie
der Autor eingefleischte NOVAG Schachcomputerfans sind, braucht man
nicht zu erklären, wie gross die Spannung war, als die in Hong
Kong ansässige Firma im Spätsommer 2003 endlich den
seit langer Zeit angekündigten Star Diamond
tatsächlich auf den Markt brachte. Das Gerät wurde
bei einem Besuch in den USA Ende 2003 günstig bei Ebay
ersteigt, durch den zusäztlich sehr günstigen
Wechselkurs waren es gerade mal 170 EUR (in Europa kostet das
Gerät im Fachhandel 249 EUR). Da der Autor zu jener Zeit
insgesamt 4 NOVAG Schachcomputer besaß (Super Constellation,
Super Forte C 6 MHz, Sapphire, Star Diamond) sollte dieser Neukauf
genutzt werden, ein einmaliges historisches Turnier zwischen diesen
Geräten auszutragen.
Der Turniermodus
Der Modus des Turniers sieht vor,
dass jedes Gerät pro Runde 4 Partien gegen einen Gegner in
Form von 2 x 2 Partien auf Tunierstufe (40 Züge in 2 Stunden)
austrägt. Eine Sonderregelung sieht vor, dass die zweite
Partie einer Serie mit vertauschten Farben und mit der
Eröffungsvariante der ersten Partie der Serie nach Verlassen
des Buches ausgetragen wird. Wird also z. B. 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4
4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 mit letzterem als erstem berechneten Zug gespielt,
so folgt in der Revanchepartie die Aufstellung 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4
cxd4 4.Sxd4 Sf6 als Vorgabe. Auf diese Weise kann geprüft,
werden wie sich einerseits die NOVAG-Eröffnungsbiliotheken
entwickelt haben und wie sich andererseits die verschiedenen
Programmgenerationen in den jeweiligen Stellungen nach verhalten.
Novag Super Constellation
Die Firma NOVAG und mit ihr der amerikanische Programmierer Dave
Kittinger wurden mit dem Release des Super Constellation im Jahre 1984
zu den erklärten Lieblingen sehr vieler Schachcomputerfans.
Für damalige Verhältnisse war dieses Gerät
äußerst spielstark und fand vor allem wegen seines
unkonventionellen, intuitiven, taktisch geprägten und sehr
menschlichen Spielstils eine grosse Anhängerschaft.
Das Programm hatte wie alle damaligen 8-Bit Computer eine mit 3,6 MHz
getaktete 6502 CPU. Spaeter gab es auch eine 4.0 MHz Version (auch der
Expert). Gerüchteweise sollen bei einer
größeren Verkaufsaktion im Jahre 1999 auch
Geräte mit 5 MHz ausgeliefert worden sein. Der teilnehmende
Super Constellation des Autors ist eben genau einer aus dieser Serie
(#444444), leider läßt sich die Taktfrequenz nur
schwer ermitteln, hier wuerde nur ein direkter Vergleich zwischen den
verschiedenen Versionen Aufschluss bringen.
Die Programmgröße betrug 56 K und der Computer
konnte auf eine 20.000 Halbzüge umfassende
Eröffnungsbiliothek zurückgreifen, was seinerzeit
rekordverdächtig war. Darüber hinaus bot dieses
Gerät erstmal die Möglichkeit einer vom Benutzer zu
programmierenden Eröffnungsbiblithek von ca. 2000
Halbzügen, ein Ausstattungsmerkmal, dass sich bis in die
heutige Zeit bei den NOVAG-Geräten erhalten hat. Weitere
Highlights waren die Anschlussmöglichkeit eines Druckers,
sowie einer Schachuhr (das Gerät besass noch kein Display).
Der Computer kostete damals ca. 800 DM und war später auch in
sehr eleganter Holzausfuehrung als Super Expert erhältlich
(1985).
Zwar konnte sich der Super-Conny, wie er von seinen Anhängern
liebevoll genannt wurde, auf den damaligen Computerveranstaltungen
nicht gegen die 16-Bit Konkurrenz (Motorola 68000/68020 CPU) der
Mephistos entscheidend durchsetzen, aber es konnten vielfach
Achtungserfolge und spektakuläre Siege (auch gegen starke
menschliche Gegner) errungen werden. In der Fachwelt sprach man von
Kittingers berühmten PSH-Algorithmen (Pre Scan Heuristics,
scherzhaft von Dirk Frickenschmidt mit "passt sicher halbwegs"
übersetzt), die das Programm häufig "intuitive"
Züge und Figurenopfer spielen ließen. Uns genau das
ist es, was es auch heute noch so reizvoll macht gegen die "Kiste" zu
spielen, zumal man als Amateurschachspieler hier gelegentlich ganz gut
aussieht, weil sich der Super Constellation halt doch verrechnet. Der
Autor schätzt die Spielstärke auf ca. 1700 ELO (SSDF
alt: 1732, SSDF neu: 1632).
Novag Super Forte C 6 MHz
NOVAG brachte 1986 den Nachfolger, den Forte A heraus, der ein Jahr
später in einer überarbeiteten Version B erschien
(1987). Diese Geräte besaßen erstmals ein Display
zur Anzeige von Spielinformationen. Weiterhin boten die Geräte
die Möglichkeit zum Anschluss an einen PC. Die
Spielstärke war geringfügig höher als die
des Super Constellation, was aber wohl überwiegend der auf 5
MHz erhöhten Taktfrequenz zuzuschreiben war. Programmtechnisch
begann Kittinger jetzt nämlich mehr und mehr positionelle
Kriterien einzubauen, was dem spektakulären Spielstil, wie man
ihn bis dato gewohnt war, leider nicht unbedingt zu Gute kam.
Diese Tendenz setzte sich zunächst auch mit dem NOVAG Super
Forte A fort, der im Jahre 1988 erschien. Die B-Version von 1989 war
dagegen taktisch ein Monster, hatte aber in positioneller Hinsicht
einige Schwachpunkte. Eine neue Meisterleistung Kittingers sollte aber
der Super Forte in der C-Version (1990) werden, besonders in der 6 MHz
Ausführung, die auch in diesem Turnier eingesetzt wurde.
Kittinger schaffte es fast, die für 8-Bitter magische Grenze
von 2000 ELO Punkten in der damaligen SSDF-Liste zu knacken,
geführt wurde der Computer mit 1960 ELO (alt, neu ca. 1860).
Aus Sicht des Autors war und ist es das stärkste 8-Bit Geraet
aller Zeiten zumondest im Spiel gegen menschliche Gegner und wird sehr
wahrscheinlich in der SSDF zu niedrig geführt. Der Autor
hätte gerne einmal erfahren, zu welchen Leistungen eine
getunter Super Forte C beispielsweise mit Turbo Kit auf 16 MHz im
Stande ist. Solche Erfahrungen liegen aber anscheinend in der Fachwelt
nicht vor.
Was ist nun das Besondere am C-Programm Kittingers? Nun, der Amerikaner
führte neben grundsätzlichen programmtechnischen
Verbesserungen, sogenannte Selective Search Funktionen ein, die es dem
Super Forte ermöglichen, je nach Einstellung, bestimmte
Stellungen in den Spitzen effektiv und vor allem tiefer zu untersuchen.
Das Programm erlaubt die Einstellung von 8 verschiedenen Selective
Search Stufen, über die spielstärkste Einstellung
wird auch heute noch diskuitiert. In Schweden wurde Sel 5
herauskristallisiert, wie sie auch in diesem Turnier verwendet wurde.
Der Super Forte C war taktisch sowie positionell
gleichermaßen stark und auch spektakuläre
PSH-Züge tauchten wieder auf, man fühlte sich in
seelige Super Conny-Zeiten (auf höherem Niveau!)
zurückversetzt.
Austattungsmäßig hatte sich gegenüber der
Forte-Generation u. a. das Display zum Positiven geändert, es
zeigte jetzt die verbrauchte Zeit beider Seiten an und war auch
deutlich besser zu lesen. Darüberhinaus wurde erstmals das
Super System mit PC-Schnittstelle, Anschluss an ein externes
Schachbrett sowie an eine TV-Gerät ueber eine sogenannte
Distributor-Box angeboten. Die Eröffnugsbibliothek war
inzwischen auf 32.000 Halbzüge angewachsen.
Novag Sapphire
Auch Dave Kittinger mußte dann irgendwann feststellen, dass
es mit den 8-Bit Zeiten vorbei war und stieg 1991 mit dem Scorpio 68000
bzw. dem aus namensrechtlichen Gründen dann umbenannten Diablo
auf den Motorola 68000 Prozessor um. Die hohen Erwartungen konnten
allerdings nicht vollständig erfüllt werden, immerhin
gelang aber erstmals der Sprung über die 2000 ELO Grenze in
der SSDF (neu ca. 1900 ELO) und optisch war der Computer eine
Augenweide. Gerne hätte ich den Diablo bei diesem Turnier
dabei gehabt (allein schon um eine weitere Prozessor-Generation im Feld
zu haben), aber leider ist es heutzutage nahezu unmöglich
einen Scorpio/Diablo aufzutreiben, auch in einschlägigen Foren
nicht.
Kurze Zeit später erfolgte dann Kittingers Umstieg auf die
RISC Prozessoren in Form eines Hitachi H8 32 Bit mit 20 MHz
für den Nachfolger des Scorpio, den Diamond bzw. als
Taschencomputer dem Sapphire. Letztere wurde durch das gute Programm
mit einer Eröffunungsbibliothek von 36000 HZ und die schnelle
Hardware seinerzeit zum stärksten Taschenschachcomputer der
Welt. Die Ausstattung war, wie immer bei Novag, sehr gut, der Spielstil
der Geräte hatte sich aber von den einstigen tollen
Kombinationsschach, das noch die Vorgänger boten, entfernt,
auch wenn es keineswegs als taktisch schwach zu bezeichnen
wäre. Es wurde halt nicht mehr so spektakuläres
Schach geboten, der Stil der Geräte ist eher als
unkonventionell zu bezeichnen und entwickelt einen gewissen Charme in
Partien gegen menschliche Gegner, gegen andere Computer geht diese
"Hauruck-Schach" aber des öfteren schief. Nichts desto trotz
war das Gerät natürlich das stärktse
Novag-Gerät bis dato, was sich auch in der SSDF mit einem
Rating von 2092 ELO Punkten niederschlug.
Novag Sapphire II
und Novag Star Diamond
1997 dann kam der Nachfolger des Sapphire, der Sappire/Diamond II auf
den Markt, mit etwas schnellerem RISC-Prozessoer mit 32 MHz und einem
besseren Display und größeren Hashtables, sowie
einer mächtig aufgerüsteten
Eröffnungsbiliothek von 123000 HZ. In Sachen
Spielstärke konnte sich der Sapphire II aber kaum von seinem
Vorgänger absetzen, ledgiglich 10 Punkte Unterschied wurden in
der SSDF ermittelt.
Schon kurze Zeit später kündigte Novag wiederum ein
Nachfolgegerät an, das um einiges stärker sein
sollte. Leider wurde die Auslieferung immer wieder verschoben und auch
die angekündigte Hardware-Ausstattung wechselte
ständig. Im Jahr 2000 war z. B. von einem 1 MB Programm auf
einem 68EZ328 Prozessor und 256 KB RAM die Rede, das von der Hardware
her dem Tasc R30 ebenbürtig sein sollte. Nun wie auch immer,
Novag geriet in Turbulenzen und wurde schließlich von der
Firma Perfect Technology in Hong Kong übernommen, die dann
schließlich nach 5 Jahren doch noch einen Nachfolger, den
Star Diamond hervorbrachte. Auch hier wurde gegenüber der
zunächst angekündigten Version (SH7020 RISC mit 20
MHz und 1 MB ROM/256 KB RAM, sowie 200000 HZ Eröffnungsbuch)
letzlich wahrscheinlich aus Kostengründen abgespeckt. Heraus
kam ein von der Ausstattung her zum Vorgänger nahezu
identisches Gerät (lediglich der Compteranschluß
über die serielle RS232-Schnittstelle ist jetzt direkt
möglich) mit einem HS8/2312 CISC Prozessor (25 MHz), 512 KB
ROM und 256 KB RAM, die vermutlich vollständig für
Hashtables verwendet werden.
Als einen schlechten Witz kann man eigentlich nur den Star Sapphire mit
seinem berührungsempfindlichen LCD-Display bezeichnen, das in
Zeiten der Pocket PCs einfach nicht mehr zeitgemäß
ist.
Über eine mögliche Spielstärkesteigerung
läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren,
dafür liegen noch nicht genügend Partien vor.
Vermutlich dürften es so ca. 20 -30 ELO Punkte sein,
eigentlich etwas enttäuschend für eine so lange
Wartezeit. Einen kleinen Beitrag zur Spielstärekeinordnung
will natürlich auch dieses Turnier leisten.
Der Turnierverlauf
Runde 1
In der ersten Runde trifft der Neuling
gleich auf seinen von der Papierform her stärksten
Konkurrenten. Dies zeigt sich dann auch in den Partien, die mit der
Englischen Eröffnung ausgetragen werden und jeweils nach wenig
spannendem Partieverlauf mit Remis enden. Der Star Diamond kann keine
Bäume ausreißen, gerät aber auch nicht
ernsthaft in Gefahr. Im zweiten Duell hat der Super Constellation nicht
den Hauch einer Chance gegen den Super Forte C, der diesen
förmlich an die Wand spielt. Es fällt auf,
daß der Super Constellation echte takische Patzer begeht
(Partie 1.3, 22. und 32. Zug, Partie 1.4 mit 16.Lc5 und 17.g6), die ihn
schnell verlieren lassen. Auch die Kürze der Partien deutet
schon an, daß die Zeiten des alten Haudegens von 1984 20
Jahre später irgendwie vorbei sind.
Novag Star Diamond - Novag Sapphire ½-½
Novag Sapphire - Novag Star Diamond ½-½
Novag Super Constellation - Novag Super Forte C 6 MHz 0-1
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Super Constellation 1-0
Runde 2
Die folgende Runde beginnt mit einer faustdicken Überraschung,
denn der Super Forte C setzt dem haushohen Favoriten Star Diamond
mächtig zu und geht mit 1,5:0:5 als Sieger aus dem Vergleich
hervor. Und das nicht unverdient, ist es doch meist der Computer von
1990, der Initative zeigt und etwas versucht. In der ersten Partie
begeht der Star Diamond einen taktischen Fehler und opfert etwas
unmotiviert in für sich vorteilhafter Stellung seinen Turm
gegen einen Springer. Fast glückt dem Super Forte C auch noch
der Sieg in der zweiten Partie, letztlich geht diese aber nach
turbulentem (und äußerst fehlerhaftem!) Verlauf
Remis aus, einen Sieger hat diese Partie aber auch ehrlich gesagt nicht
verdient. Der zweite Vorstellung des Super Constellation
knüpft leider nahtlos an die aus der ersten Runde an, man kann
es kurz machen: in einem scharfen Abspiel im Spanier (übrigens
in allen 4 Partien dieser Runde sowie in zweien der Runde 3) ist er
schlicht chancenlos, der Sapphire rechnt immer 2 Halbzüge
tiefer.
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Star Diamond 1-0
Novag Star Diamond - Novag Super Forte C 6 MHz ½-½
Novag Super Constellation - Novag Sapphire 0-1
Novag Sapphire - Novag Super Constellation 1-0
Runde 3
In Partie 3.1 unterschätzt der Super Forte mit seinem ersten
berechneten Zug nach Verlassen der Bibliothek (21. Lxe4) den
entstehenden Freibauern. Der Sapphie spielt eine klasse Partie und
fährt verdient den Punkt ein. Außerdem macht er im
Rückspiel nicht den gleichen Fehler wie der Super Forte C und
spielt "theoriegerecht" 21.Ld3. Der Superconstellation hält
sich in der ersten Partie gegen den Star Diamond recht wacker, spielt
aber im 23. und 24. Zug ungenau und kommt dann schnell auf die
Verliererstraße. In der zweiten Partie schiebt der
CISC-Rechner gleich unmittelbar nach der Eröffnung seinen
ahnungslosen Gegner mit 13.d5! zusammen. Der Super-Conny hat zur
Halbzeit genau 0 Punkte...
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Sapphire 0-1
Novag Sapphire - Novag Super Forte C 6 MHz ½-½
Novag Super Constellation - Novag Star Diamond 0-1
Novag Star Diamond - Novag Super Constellation 1-0
Runde 4
Die Runde beginnt mit einer scharfen Auseinandersetzung im Sizilianer,
bei der der Star Sapphire zumindest in der ersten Partie das bessere
Buch hat und der Sapphire sich nach dem Verlassen der Bibliothek nicht
so gut zurecht findet. Der Star Diamond beginnt im 26. Zug einen
schönen Angriff auf den in der Brettmitte hängen
gebliebenen schwarzen König, der schließlich
eindrucksvoll zum Sieg führt. Die zweite Partie
bestätigt wiederum den weißen
Eröffnungsvorteil in diesem Abspiel, nur der Sapphire kann
seinen Vorteil nicht umsetzen. Im 24. Zug opfert er
spektakulär seine Dame, aber letztlich bringt es nur den Star
Diamond zurück ins Spiel und führt dann auch zur
Niederlage des "Taschenrechners". Insgesamt eine eindeutige Sache
für den Neuling. Auch in der 2. Auseinandersetzung gibt es
eine faustdicke Überraschung, verliert doch der Super Forte
die Übersicht und damit auch die erste Partie gegen den
Super-Conny. Das scheint ihn mächtig zu wurmen, denn im
Rückspiel erteilt er die Höchststrafe incl.
Damenopfer. Die Partie dauert zwar über 50 Züge, aber
nur deshalb, weil die Aufgaberoutine des Super Constellation noch
verbesserungsbedürftig ist... Nach 4 Runden
führt der Star Diamond mit 5,5 Punkten vor dem Super Forte C
(5,0) und dem Sapphire (4,5).
Novag Star Diamond - Novag Sapphire 1-0
Novag Sapphire - Novag Star Diamond 0-1
Novag Super Constellation - Novag Super Forte C 6 MHz 1-0
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Super Constellation 1-0
Runde 5
Diese Runde beginnt mit der vielleicht spektakulärsten Partie
dieses Turniers. Eine zunächst sehr remisverdächtige
Partie kann der Super Forte nach einem Versehen des Star Diamond
eindrucksvoll in eine Gewinnstellung umsetzen. Der Star Diamond sieht
sich schließlich (dank seiner Hashtables) im entstandenen
Bauernendspiel mit -10.00 im Rückstand, doch der Super Forte
schafft es tatsächlich die Partie zum Remis zu verderben. Das
Rückspiel beherrscht der Star Diamond, er setzt auf seinen
Freibauern auf der a-Linie und behält Recht. Der Super
Constellation erlebt eine grausame Demonstration der
Überlegenheit des 10 Jahre äteren Sapphire und die
kürzeste Partie des Turniers natürlich als Verlierer
(man könnte auch sagen "Matt in 25 Zügen!"). Aber
anstatt es im Rückspiel besser zu machen, gibt er auch dort in
einer hoffnungslosen Position nach 27 Zügen auf. Vor der
letzten Runde, in der der Star Diamond gegen den Super Constellation
spielt, scheint damit der Sieger schon festzustehen: 1. Star Diamond
(7,0), 2. Sapphire (6,5), 3. Super Forte (5,5), 4. Super Constellation
(1,0).
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Star Diamond ½-½
Novag Star Diamond - Novag Super Forte C 6 MHz 1-0
Novag Super Constellation - Novag Sapphire 0-1
Novag Sapphire - Novag Super Constellation 1-0
Runde 6
Es geht also quasi nur noch um den 2. Platz und der Super Forte will es
wissen. In einer eindrucksvollen Partie, nach einem Bauernopfer des
Sapphire, kann er im 23. Zug eine Falle stellen, in die der Sapphire
auch prompt hineintappt. Das Rückspiel schaut zwar
zunächst vorteilhaft für den Sapphire aus, aber der
Super Forte hat alles im Griff und es entsteht ein Endspiel mit
ungleichfarbigen Läufern, in dem am Ende der Sapphire sogar
noch den richtigen Zug finden muß, um nicht noch zu
verlieren. Damit landet der Super Forte C am Ende sogar noch auf dem
zweiten Platz, dank besserer Zweitwertung. Der Super Constellation hat
wie immer nicht den Hauch einer Chance in seinen Partien, obwohl er
sich in der letzten Partie recht wacker schlägt.
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Sapphire 1-0
Novag Sapphire - Novag Super Forte C 6 MHz ½-½
Novag Super Constellation - Novag Star Diamond 0-1
Novag Star Diamond - Novag Super Constellation 1-0
Endstand
Fazit
Dies war der erste Versuch eines Spielstärkevergleichs
zwischen Geräten der Firma Novag, deren Erscheinungsdaten fast
20 Jahre auseinader liegen. Erwartungsgemäß wurde
das Turnier vom jünsten Gerät, das mit der
stärksten Hardware ausgestattet ist, gewonnen. Der Sieg des
Star Diamond war allerdings nicht ganz so überzeugend, wie der
deutliche Vorsprung auf den ersten Blick suggerieren mag.
Die Eröffnungsbibliothek ist gut und breit angelegt, in der
Regel kommt der Rechner in Stellungen, mit denen er etwas anzufangen
weiß. Das Mittelspiel hingegen ist eher als unkonventionell
zu betrachten, spektakuläre Dinge bekamen wir nicht unbedingt
zu sehen, die einst so gefürchteten Pre Scan Heuristics (PSH)
sind einem eher nüchterenen aber zum Teil skurilen Stil
gewichen. Man hat den Eindruck, daß der Star Diamond eher auf
das Spiel gegen Menschen getrimmt wurde. Zudem sollte man bedenken,
daß die teilnehmenden Programme alle aus der Werkstatt von
Dave Kittinger stammen und daher teilweise dieselben "Idee" verfolgten
(zu beobachten besonders beim Star Diamond und Sapphire), hier sollte
man einmal abwarten, wie sich der Star Diamond gegen die
Fremdfirmenkonkurrenz schlägt. Das Endspiel kann als
durchwachsen betrachtet werden, es war noch nie die Stärke der
Novag-Geräte. Gegenüber den Mitbewerbern in diesem
Turnier hilft sicherlich der etwas größere
Hashtable-Speicher von 256 K, man fragt sich aber ernsthaft, warum
Novag dem Gerät davon nicht noch mehr spendiert hat.
Überhaupt, für die hardwaretechnischen
Möglichkeiten des Jahres 2003 hat Novag eine echte Chance
vertan, zur absoluten Spitze der Brettcomputer vorzustoßen,
das Gerät wird nach Schätzung des Autors nach
Abschluß dieses Turniers maximal 50 ELO Punkte
stärker sein als der nominelle Vorgänger der Diamond
II, der mit 2108 Punken (alte Wertung) in der SSDF geführt
wird.
Eine Überraschung ist sicherlich der 2. Platz des Super Forte
C, der mit einigen spektakulären Partien gegen die nominell
stärkere Konkurrenz von sich Reden machte. Leider bringt er es
zu oft fertig, gewonnene Stellungen noch zum Remis zu verderben, vor
allem im Endspiel. Interessant ist aber sein oft angriffs- und
unternehmungslutiger Spielstil, man hatte während des Turnier
den Eindruck, daß der Super Forte als einziges Gerät
jedes Spiel um jeden Preis gewinnen wollte. Die gewählte
Selektivitätsstufe 5 hat sich als durchaus praxistauglich
herausgestellt. Der Autor ist nach diesem Turnier in seiner Meinung
bestärkt worden, daß das Gerät in der
SSDF-Liste um ca. 30 - 50 Punkte zu niedrig eingestuft ist. Man
muß allerdings auch bedenken, daß dort viele
Partien gegen die Mephisto-Programme von Richard Lang ausgetragen
wurden, mit deren positionellem Stil, die Novag Geräte schon
immer ihre Schwierigkeiten hatten. Ein Tuning des Gerätes, um
in einigen kritischen Situationen, den taktischen Durchblick zu
erhöhen wäre ein interessantes Projekt...
Der Sapphire hat letztlich enttäuscht, nach diesem Turnier
kann man den Eindruck haben, daß er um einiges zu hoch in
Schweden eingestuft wird. Er brachte es häufig fertig, gute
Stellungen (und Bewertungen!) noch zum Verlust zu verderben.
Schließlich bleibt noch der legendäre Super-Conny,
dessen Glanz in diesem Turnier deutlich gelitten hat. Aber mal ehrlich,
wenn man bedenkt, daß die Konkurrenten in der Regel 2-3
Halbzüge tiefer gerechnet haben, verwundert das Ergebnis
nicht. Mit seinem "Hurra-Schach", das gegen Menschen noch ganz spassig
sein mag, hat er gegen kühl rechnende Computer der
Nachfolgegenerationen einfach keine Chance mehr.
Zusammenfassend sollte man dieses Turnier als eher als einen kleine
historischen Ausflug in die Schachcomputergeschichte, denn als einen
echten Spielstärkevergleich heranziehen, dafür sind
die Programme vom Spielstil her doch zu ähnlich. Die Reihe
solcher Turniere soll fortgesetzt werden, z. B. unter Hinzuziehung von
Geräten der Konkurrenz vom Mephisto und Saitek. Dies wird dann
eher einen Hinweis auf die Konkurrezfähigkeit der
Kittinger-Programme bringen.
Bis dahin wünscht der "Turnierdirektor" viel Spaß
beim Nachspielen der Partien...
Stefan Ottow
Suresnes (Frankreich), im März 2004
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