Schachcomputer.info
 
Novag Turnier
2003/04
Autor: Stefan Ottow
 
Allen, die wie der Autor eingefleischte NOVAG Schachcomputerfans sind, braucht man nicht zu erklären, wie gross die Spannung war, als die in Hong Kong ansässige Firma im Spätsommer 2003 endlich den seit langer Zeit angekündigten Star Diamond tatsächlich auf den Markt brachte. Das Gerät wurde bei einem Besuch in den USA Ende 2003 günstig bei Ebay ersteigt, durch den zusäztlich sehr günstigen Wechselkurs waren es gerade mal 170 EUR (in Europa kostet das Gerät im Fachhandel 249 EUR). Da der Autor zu jener Zeit insgesamt 4 NOVAG Schachcomputer besaß (Super Constellation, Super Forte C 6 MHz, Sapphire, Star Diamond) sollte dieser Neukauf genutzt werden, ein einmaliges historisches Turnier zwischen diesen Geräten auszutragen.


Der Turniermodus

Der Modus des Turniers sieht vor, dass jedes Gerät pro Runde 4 Partien gegen einen Gegner in Form von 2 x 2 Partien auf Tunierstufe (40 Züge in 2 Stunden) austrägt. Eine Sonderregelung sieht vor, dass die zweite Partie einer Serie mit vertauschten Farben und mit der Eröffungsvariante der ersten Partie der Serie nach Verlassen des Buches ausgetragen wird. Wird also z. B. 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 mit letzterem als erstem berechneten Zug gespielt, so folgt in der Revanchepartie die Aufstellung 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 als Vorgabe. Auf diese Weise kann geprüft, werden wie sich einerseits die NOVAG-Eröffnungsbiliotheken entwickelt haben und wie sich andererseits die verschiedenen Programmgenerationen in den jeweiligen Stellungen nach verhalten.
 



Novag Super Constellation

Die Firma NOVAG und mit ihr der amerikanische Programmierer Dave Kittinger wurden mit dem Release des Super Constellation im Jahre 1984 zu den erklärten Lieblingen sehr vieler Schachcomputerfans. Für damalige Verhältnisse war dieses Gerät äußerst spielstark und fand vor allem wegen seines unkonventionellen, intuitiven, taktisch geprägten und sehr menschlichen Spielstils eine grosse Anhängerschaft.

Das Programm hatte wie alle damaligen 8-Bit Computer eine mit 3,6 MHz getaktete 6502 CPU. Spaeter gab es auch eine 4.0 MHz Version (auch der Expert). Gerüchteweise sollen bei einer größeren Verkaufsaktion im Jahre 1999 auch Geräte mit 5 MHz ausgeliefert worden sein. Der teilnehmende Super Constellation des Autors ist eben genau einer aus dieser Serie (#444444), leider läßt sich die Taktfrequenz nur schwer ermitteln, hier wuerde nur ein direkter Vergleich zwischen den verschiedenen Versionen Aufschluss bringen.

Die Programmgröße betrug 56 K und der Computer konnte auf eine 20.000 Halbzüge umfassende Eröffnungsbiliothek zurückgreifen, was seinerzeit rekordverdächtig war. Darüber hinaus bot dieses Gerät erstmal die Möglichkeit einer vom Benutzer zu programmierenden Eröffnungsbiblithek von ca. 2000 Halbzügen, ein Ausstattungsmerkmal, dass sich bis in die heutige Zeit bei den NOVAG-Geräten erhalten hat. Weitere Highlights waren die Anschlussmöglichkeit eines Druckers, sowie einer Schachuhr (das Gerät besass noch kein Display). Der Computer kostete damals ca. 800 DM und war später auch in sehr eleganter Holzausfuehrung als Super Expert erhältlich (1985).

Zwar konnte sich der Super-Conny, wie er von seinen Anhängern liebevoll genannt wurde, auf den damaligen Computerveranstaltungen nicht gegen die 16-Bit Konkurrenz (Motorola 68000/68020 CPU) der Mephistos entscheidend durchsetzen, aber es konnten vielfach Achtungserfolge und spektakuläre Siege (auch gegen starke menschliche Gegner) errungen werden. In der Fachwelt sprach man von Kittingers berühmten PSH-Algorithmen (Pre Scan Heuristics, scherzhaft von Dirk Frickenschmidt mit "passt sicher halbwegs" übersetzt), die das Programm häufig "intuitive" Züge und Figurenopfer spielen ließen. Uns genau das ist es, was es auch heute noch so reizvoll macht gegen die "Kiste" zu spielen, zumal man als Amateurschachspieler hier gelegentlich ganz gut aussieht, weil sich der Super Constellation halt doch verrechnet. Der Autor schätzt die Spielstärke auf ca. 1700 ELO (SSDF alt: 1732, SSDF neu: 1632).

 


Novag Super Forte C 6 MHz

NOVAG brachte 1986 den Nachfolger, den Forte A heraus, der ein Jahr später in einer überarbeiteten Version B erschien (1987). Diese Geräte besaßen erstmals ein Display zur Anzeige von Spielinformationen. Weiterhin boten die Geräte die Möglichkeit zum Anschluss an einen PC. Die Spielstärke war geringfügig höher als die des Super Constellation, was aber wohl überwiegend der auf 5 MHz erhöhten Taktfrequenz zuzuschreiben war. Programmtechnisch begann Kittinger jetzt nämlich mehr und mehr positionelle Kriterien einzubauen, was dem spektakulären Spielstil, wie man ihn bis dato gewohnt war, leider nicht unbedingt zu Gute kam.

Diese Tendenz setzte sich zunächst auch mit dem NOVAG Super Forte A fort, der im Jahre 1988 erschien. Die B-Version von 1989 war dagegen taktisch ein Monster, hatte aber in positioneller Hinsicht einige Schwachpunkte. Eine neue Meisterleistung Kittingers sollte aber der Super Forte in der C-Version (1990) werden, besonders in der 6 MHz Ausführung, die auch in diesem Turnier eingesetzt wurde. Kittinger schaffte es fast, die für 8-Bitter magische Grenze von 2000 ELO Punkten in der damaligen SSDF-Liste zu knacken, geführt wurde der Computer mit 1960 ELO (alt, neu ca. 1860). Aus Sicht des Autors war und ist es das stärkste 8-Bit Geraet aller Zeiten zumondest im Spiel gegen menschliche Gegner und wird sehr wahrscheinlich in der SSDF zu niedrig geführt. Der Autor hätte gerne einmal erfahren, zu welchen Leistungen eine getunter Super Forte C beispielsweise mit Turbo Kit auf 16 MHz im Stande ist. Solche Erfahrungen liegen aber anscheinend in der Fachwelt nicht vor.

Was ist nun das Besondere am C-Programm Kittingers? Nun, der Amerikaner führte neben grundsätzlichen programmtechnischen Verbesserungen, sogenannte Selective Search Funktionen ein, die es dem Super Forte ermöglichen, je nach Einstellung, bestimmte Stellungen in den Spitzen effektiv und vor allem tiefer zu untersuchen. Das Programm erlaubt die Einstellung von 8 verschiedenen Selective Search Stufen, über die spielstärkste Einstellung wird auch heute noch diskuitiert. In Schweden wurde Sel 5 herauskristallisiert, wie sie auch in diesem Turnier verwendet wurde. Der Super Forte C war taktisch sowie positionell gleichermaßen stark und auch spektakuläre PSH-Züge tauchten wieder auf, man fühlte sich in seelige Super Conny-Zeiten (auf höherem Niveau!) zurückversetzt.

Austattungsmäßig hatte sich gegenüber der Forte-Generation u. a. das Display zum Positiven geändert, es zeigte jetzt die verbrauchte Zeit beider Seiten an und war auch deutlich besser zu lesen. Darüberhinaus wurde erstmals das Super System mit PC-Schnittstelle, Anschluss an ein externes Schachbrett sowie an eine TV-Gerät ueber eine sogenannte Distributor-Box angeboten. Die Eröffnugsbibliothek war inzwischen auf 32.000 Halbzüge angewachsen.

 


Novag Sapphire

Auch Dave Kittinger mußte dann irgendwann feststellen, dass es mit den 8-Bit Zeiten vorbei war und stieg 1991 mit dem Scorpio 68000 bzw. dem aus namensrechtlichen Gründen dann umbenannten Diablo auf den Motorola 68000 Prozessor um. Die hohen Erwartungen konnten allerdings nicht vollständig erfüllt werden, immerhin gelang aber erstmals der Sprung über die 2000 ELO Grenze in der SSDF (neu ca. 1900 ELO) und optisch war der Computer eine Augenweide. Gerne hätte ich den Diablo bei diesem Turnier dabei gehabt (allein schon um eine weitere Prozessor-Generation im Feld zu haben), aber leider ist es heutzutage nahezu unmöglich einen Scorpio/Diablo aufzutreiben, auch in einschlägigen Foren nicht.

Kurze Zeit später erfolgte dann Kittingers Umstieg auf die RISC Prozessoren in Form eines Hitachi H8 32 Bit mit 20 MHz für den Nachfolger des Scorpio, den Diamond bzw. als Taschencomputer dem Sapphire. Letztere wurde durch das gute Programm mit einer Eröffunungsbibliothek von 36000 HZ und die schnelle Hardware seinerzeit zum stärksten Taschenschachcomputer der Welt. Die Ausstattung war, wie immer bei Novag, sehr gut, der Spielstil der Geräte hatte sich aber von den einstigen tollen Kombinationsschach, das noch die Vorgänger boten, entfernt, auch wenn es keineswegs als taktisch schwach zu bezeichnen wäre. Es wurde halt nicht mehr so spektakuläres Schach geboten, der Stil der Geräte ist eher als unkonventionell zu bezeichnen und entwickelt einen gewissen Charme in Partien gegen menschliche Gegner, gegen andere Computer geht diese "Hauruck-Schach" aber des öfteren schief. Nichts desto trotz war das Gerät natürlich das stärktse Novag-Gerät bis dato, was sich auch in der SSDF mit einem Rating von 2092 ELO Punkten niederschlug.
 
 


Novag Sapphire II und Novag Star Diamond

1997 dann kam der Nachfolger des Sapphire, der Sappire/Diamond II auf den Markt, mit etwas schnellerem RISC-Prozessoer mit 32 MHz und einem besseren Display und größeren Hashtables, sowie einer mächtig aufgerüsteten Eröffnungsbiliothek von 123000 HZ. In Sachen Spielstärke konnte sich der Sapphire II aber kaum von seinem Vorgänger absetzen, ledgiglich 10 Punkte Unterschied wurden in der SSDF ermittelt.

Schon kurze Zeit später kündigte Novag wiederum ein Nachfolgegerät an, das um einiges stärker sein sollte. Leider wurde die Auslieferung immer wieder verschoben und auch die angekündigte Hardware-Ausstattung wechselte ständig. Im Jahr 2000 war z. B. von einem 1 MB Programm auf einem 68EZ328 Prozessor und 256 KB RAM die Rede, das von der Hardware her dem Tasc R30 ebenbürtig sein sollte. Nun wie auch immer, Novag geriet in Turbulenzen und wurde schließlich von der Firma Perfect Technology in Hong Kong übernommen, die dann schließlich nach 5 Jahren doch noch einen Nachfolger, den Star Diamond hervorbrachte. Auch hier wurde gegenüber der zunächst angekündigten Version (SH7020 RISC mit 20 MHz und 1 MB ROM/256 KB RAM, sowie 200000 HZ Eröffnungsbuch) letzlich wahrscheinlich aus Kostengründen abgespeckt. Heraus kam ein von der Ausstattung her zum Vorgänger nahezu identisches Gerät (lediglich der Compteranschluß über die serielle RS232-Schnittstelle ist jetzt direkt möglich) mit einem HS8/2312 CISC Prozessor (25 MHz), 512 KB ROM und 256 KB RAM, die vermutlich vollständig für Hashtables verwendet werden.

Als einen schlechten Witz kann man eigentlich nur den Star Sapphire mit seinem berührungsempfindlichen LCD-Display bezeichnen, das in Zeiten der Pocket PCs einfach nicht mehr zeitgemäß ist.

Über eine mögliche Spielstärkesteigerung läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren, dafür liegen noch nicht genügend Partien vor. Vermutlich dürften es so ca. 20 -30 ELO Punkte sein, eigentlich etwas enttäuschend für eine so lange Wartezeit. Einen kleinen Beitrag zur Spielstärekeinordnung will natürlich auch dieses Turnier leisten.

 


Der Turnierverlauf

Runde 1

In der ersten Runde trifft der Neuling gleich auf seinen von der Papierform her stärksten Konkurrenten. Dies zeigt sich dann auch in den Partien, die mit der Englischen Eröffnung ausgetragen werden und jeweils nach wenig spannendem Partieverlauf mit Remis enden. Der Star Diamond kann keine Bäume ausreißen, gerät aber auch nicht ernsthaft in Gefahr. Im zweiten Duell hat der Super Constellation nicht den Hauch einer Chance gegen den Super Forte C, der diesen förmlich an die Wand spielt. Es fällt auf, daß der Super Constellation echte takische Patzer begeht (Partie 1.3, 22. und 32. Zug, Partie 1.4 mit 16.Lc5 und 17.g6), die ihn schnell verlieren lassen. Auch die Kürze der Partien deutet schon an, daß die Zeiten des alten Haudegens von 1984 20 Jahre später irgendwie vorbei sind.

Novag Star Diamond - Novag Sapphire  ½-½
Novag Sapphire - Novag Star Diamond  ½-½
Novag Super Constellation - Novag Super Forte C 6 MHz  0-1
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Super Constellation  1-0
 

Runde 2

Die folgende Runde beginnt mit einer faustdicken Überraschung, denn der Super Forte C setzt dem haushohen Favoriten Star Diamond mächtig zu und geht mit 1,5:0:5 als Sieger aus dem Vergleich hervor. Und das nicht unverdient, ist es doch meist der Computer von 1990, der Initative zeigt und etwas versucht. In der ersten Partie begeht der Star Diamond einen taktischen Fehler und opfert etwas unmotiviert in für sich vorteilhafter Stellung seinen Turm gegen einen Springer. Fast glückt dem Super Forte C auch noch der Sieg in der zweiten Partie, letztlich geht diese aber nach turbulentem (und äußerst fehlerhaftem!) Verlauf Remis aus, einen Sieger hat diese Partie aber auch ehrlich gesagt nicht verdient. Der zweite Vorstellung des Super Constellation knüpft leider nahtlos an die aus der ersten Runde an, man kann es kurz machen: in einem scharfen Abspiel im Spanier (übrigens in allen 4 Partien dieser Runde sowie in zweien der Runde 3) ist er schlicht chancenlos, der Sapphire rechnt immer 2 Halbzüge tiefer.

Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Star Diamond 1-0
Novag Star Diamond - Novag Super Forte C 6 MHz ½-½
Novag Super Constellation - Novag Sapphire 0-1
Novag Sapphire - Novag Super Constellation 1-0
 

Runde 3

In Partie 3.1 unterschätzt der Super Forte mit seinem ersten berechneten Zug nach Verlassen der Bibliothek (21. Lxe4) den entstehenden Freibauern. Der Sapphie spielt eine klasse Partie und fährt verdient den Punkt ein. Außerdem macht er im Rückspiel nicht den gleichen Fehler wie der Super Forte C und spielt "theoriegerecht" 21.Ld3. Der Superconstellation hält sich in der ersten Partie gegen den Star Diamond recht wacker, spielt aber im 23. und 24. Zug ungenau und kommt dann schnell auf die Verliererstraße. In der zweiten Partie schiebt der CISC-Rechner gleich unmittelbar nach der Eröffnung seinen ahnungslosen Gegner mit 13.d5! zusammen. Der Super-Conny hat zur Halbzeit genau 0 Punkte...

Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Sapphire 0-1
Novag Sapphire - Novag Super Forte C 6 MHz ½-½
Novag Super Constellation - Novag Star Diamond 0-1
Novag Star Diamond - Novag Super Constellation 1-0
 

Runde 4

Die Runde beginnt mit einer scharfen Auseinandersetzung im Sizilianer, bei der der Star Sapphire zumindest in der ersten Partie das bessere Buch hat und der Sapphire sich nach dem Verlassen der Bibliothek nicht so gut zurecht findet. Der Star Diamond beginnt im 26. Zug einen schönen Angriff auf den in der Brettmitte hängen gebliebenen schwarzen König, der schließlich eindrucksvoll zum Sieg führt. Die zweite Partie bestätigt wiederum den weißen Eröffnungsvorteil in diesem Abspiel, nur der Sapphire kann seinen Vorteil nicht umsetzen. Im 24. Zug opfert er spektakulär seine Dame, aber letztlich bringt es nur den Star Diamond zurück ins Spiel und führt dann auch zur Niederlage des "Taschenrechners". Insgesamt eine eindeutige Sache für den Neuling. Auch in der 2. Auseinandersetzung gibt es eine faustdicke Überraschung, verliert doch der Super Forte die Übersicht und damit auch die erste Partie gegen den Super-Conny. Das scheint ihn mächtig zu wurmen, denn im Rückspiel erteilt er die Höchststrafe incl. Damenopfer. Die Partie dauert zwar über 50 Züge, aber nur deshalb, weil die Aufgaberoutine des Super Constellation noch verbesserungsbedürftig ist...  Nach 4 Runden führt der Star Diamond mit 5,5 Punkten vor dem Super Forte C (5,0) und dem Sapphire (4,5).

Novag Star Diamond - Novag Sapphire  1-0
Novag Sapphire - Novag Star Diamond  0-1
Novag Super Constellation - Novag Super Forte C 6 MHz  1-0
Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Super Constellation  1-0
 

Runde 5

Diese Runde beginnt mit der vielleicht spektakulärsten Partie dieses Turniers. Eine zunächst sehr remisverdächtige Partie kann der Super Forte nach einem Versehen des Star Diamond eindrucksvoll in eine Gewinnstellung umsetzen. Der Star Diamond sieht sich schließlich (dank seiner Hashtables) im entstandenen Bauernendspiel mit -10.00 im Rückstand, doch der Super Forte schafft es tatsächlich die Partie zum Remis zu verderben. Das Rückspiel beherrscht der Star Diamond, er setzt auf seinen Freibauern auf der a-Linie und behält Recht. Der Super Constellation erlebt eine grausame Demonstration der Überlegenheit des 10 Jahre äteren Sapphire und die kürzeste Partie des Turniers natürlich als Verlierer (man könnte auch sagen "Matt in 25 Zügen!"). Aber anstatt es im Rückspiel besser zu machen, gibt er auch dort in einer hoffnungslosen Position nach 27 Zügen auf. Vor der letzten Runde, in der der Star Diamond gegen den Super Constellation spielt, scheint damit der Sieger schon festzustehen: 1. Star Diamond (7,0), 2. Sapphire (6,5), 3. Super Forte (5,5), 4. Super Constellation (1,0).

Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Star Diamond ½-½
Novag Star Diamond - Novag Super Forte C 6 MHz 1-0
Novag Super Constellation - Novag Sapphire 0-1
Novag Sapphire - Novag Super Constellation 1-0
 

Runde 6

Es geht also quasi nur noch um den 2. Platz und der Super Forte will es wissen. In einer eindrucksvollen Partie, nach einem Bauernopfer des Sapphire, kann er im 23. Zug eine Falle stellen, in die der Sapphire auch prompt hineintappt. Das Rückspiel schaut zwar zunächst vorteilhaft für den Sapphire aus, aber der Super Forte hat alles im Griff und es entsteht ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern, in dem am Ende der Sapphire sogar noch den richtigen Zug finden muß, um nicht noch zu verlieren. Damit landet der Super Forte C am Ende sogar noch auf dem zweiten Platz, dank besserer Zweitwertung. Der Super Constellation hat wie immer nicht den Hauch einer Chance in seinen Partien, obwohl er sich in der letzten Partie recht wacker schlägt.

Novag Super Forte C 6 MHz - Novag Sapphire 1-0
Novag Sapphire - Novag Super Forte C 6 MHz ½-½
Novag Super Constellation - Novag Star Diamond 0-1
Novag Star Diamond - Novag Super Constellation 1-0
 

Endstand





Fazit

Dies war der erste Versuch eines Spielstärkevergleichs zwischen Geräten der Firma Novag, deren Erscheinungsdaten fast 20 Jahre auseinader liegen. Erwartungsgemäß wurde das Turnier vom jünsten Gerät, das mit der stärksten Hardware ausgestattet ist, gewonnen. Der Sieg des Star Diamond war allerdings nicht ganz so überzeugend, wie der deutliche Vorsprung auf den ersten Blick suggerieren mag.

Die Eröffnungsbibliothek ist gut und breit angelegt, in der Regel kommt der Rechner in Stellungen, mit denen er etwas anzufangen weiß. Das Mittelspiel hingegen ist eher als unkonventionell zu betrachten, spektakuläre Dinge bekamen wir nicht unbedingt zu sehen, die einst so gefürchteten Pre Scan Heuristics (PSH) sind einem eher nüchterenen aber zum Teil skurilen Stil gewichen. Man hat den Eindruck, daß der Star Diamond eher auf das Spiel gegen Menschen getrimmt wurde. Zudem sollte man bedenken, daß die teilnehmenden Programme alle aus der Werkstatt von Dave Kittinger stammen und daher teilweise dieselben "Idee" verfolgten (zu beobachten besonders beim Star Diamond und Sapphire), hier sollte man einmal abwarten, wie sich der Star Diamond gegen die Fremdfirmenkonkurrenz schlägt. Das Endspiel kann als durchwachsen betrachtet werden, es war noch nie die Stärke der Novag-Geräte. Gegenüber den Mitbewerbern in diesem Turnier hilft sicherlich der etwas größere Hashtable-Speicher von 256 K, man fragt sich aber ernsthaft, warum Novag dem Gerät davon nicht noch mehr spendiert hat. Überhaupt, für die hardwaretechnischen Möglichkeiten des Jahres 2003 hat Novag eine echte Chance vertan, zur absoluten Spitze der Brettcomputer vorzustoßen, das Gerät wird nach Schätzung des Autors nach Abschluß dieses Turniers maximal 50 ELO Punkte stärker sein als der nominelle Vorgänger der Diamond II, der mit 2108 Punken (alte Wertung) in der SSDF geführt wird.

Eine Überraschung ist sicherlich der 2. Platz des Super Forte C, der mit einigen spektakulären Partien gegen die nominell stärkere Konkurrenz von sich Reden machte. Leider bringt er es zu oft fertig, gewonnene Stellungen noch zum Remis zu verderben, vor allem im Endspiel. Interessant ist aber sein oft angriffs- und unternehmungslutiger Spielstil, man hatte während des Turnier den Eindruck, daß der Super Forte als einziges Gerät jedes Spiel um jeden Preis gewinnen wollte. Die gewählte Selektivitätsstufe 5 hat sich als durchaus praxistauglich herausgestellt. Der Autor ist nach diesem Turnier in seiner Meinung bestärkt worden, daß das Gerät in der SSDF-Liste um ca. 30 - 50 Punkte zu niedrig eingestuft ist. Man muß allerdings auch bedenken, daß dort viele Partien gegen die Mephisto-Programme von Richard Lang ausgetragen wurden, mit deren positionellem Stil, die Novag Geräte schon immer ihre Schwierigkeiten hatten. Ein Tuning des Gerätes, um in einigen kritischen Situationen, den taktischen Durchblick zu erhöhen wäre ein interessantes Projekt...

Der Sapphire hat letztlich enttäuscht, nach diesem Turnier kann man den Eindruck haben, daß er um einiges zu hoch in Schweden eingestuft wird. Er brachte es häufig fertig, gute Stellungen (und Bewertungen!) noch zum Verlust zu verderben.

Schließlich bleibt noch der legendäre Super-Conny, dessen Glanz in diesem Turnier deutlich gelitten hat. Aber mal ehrlich, wenn man bedenkt, daß die Konkurrenten in der Regel 2-3 Halbzüge tiefer gerechnet haben, verwundert das Ergebnis nicht. Mit seinem "Hurra-Schach", das gegen Menschen noch ganz spassig sein mag, hat er gegen kühl rechnende Computer der Nachfolgegenerationen einfach keine Chance mehr.

Zusammenfassend sollte man dieses Turnier als eher als einen kleine historischen Ausflug in die Schachcomputergeschichte, denn als einen echten Spielstärkevergleich heranziehen, dafür sind die Programme vom Spielstil her doch zu ähnlich. Die Reihe solcher Turniere soll fortgesetzt werden, z. B. unter Hinzuziehung von Geräten der Konkurrenz vom Mephisto und Saitek. Dies wird dann eher einen Hinweis auf die Konkurrezfähigkeit der Kittinger-Programme bringen.

Bis dahin wünscht der "Turnierdirektor" viel Spaß beim Nachspielen der Partien...







Stefan Ottow
Suresnes (Frankreich), im März 2004
.:  © schachcomputer.info  :.