Zitat von
EberlW
@"juristisch bewanderte"
: Wie ist es eigentlich um das Copyright bestellt, falls ein Hersteller (oder dessen Nachfolger) keinen Ersatz mehr liefern kann? Ich denke, man hat einen Anspruch darauf, sein Eigentum (den Compi) wieder flott zu machen. Welches Interesse überwiegt da in einem solchen Fall?
Gruß, Willi
Hallo Willi,
ich versuche mal eine Erklärung (bin aber kein Jurist, deshalb ohne Gewähr):
Zunächst muß man zwischen Urheberrecht (Deutschland) und Copyright (zB USA) unterscheiden. Nach deutschen Urheberrecht liegen alle Rechte beim Urheber, also zB dem Programmierer. Die Urheberschaft selbst kann nicht abgetreten, aber vererbt werden. 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt das Urheberrecht.
Der Urheber kann aber Nutzungsrechte bzw Lizenzen vergeben, um zB einer Firma die gewerbliche Nutzung zu ermöglichen. Hier kommt es auf den einzelnen Vertrag an, welche (Verbietungs-)rechte die Firma hat.
Verstöße gegen das Urheberrecht ziehen zivilrechtliche Folgen nach sich (Schadensersatz, Unterlassung etc) UND strafrechtliche Folgen (bis zu 3 Jahre Haft).
Genauso wie die Bücher eines Autors nicht einfach von Dritten kopiert werden dürfen, wenn seine Auflage vergriffen ist, darf man auch keine EPROMs kopieren mit dem Hinweis, es gäbe sie nicht mehr im Handel.
Zu Deiner Frage: wenn ein Hersteller keinen Ersatz mehr liefern kann: das berührt die Urheberschaft überhaupt nicht, auch dann kann man nicht einfach kopieren, man muß sich mit den Rechteinhabern einigen. Einziges Schlupfloch: die private Sicherungskopie, aber eben die eigene, nicht die eines Kollegen.
In USA gilt sinngemäß copyright mit max 95 Jahren Laufzeit
Was uns noch behindern könnte:
a) Patente
die sind für unsere Oldtimer allerdings meist erloschen (max 20 Jahre nach Anmeldung) bzw. in vielen Fällen von den Herstellern vorher aufgegeben worden.
b) spezielle Softwarepatente (zB auf Algorhytmen): sind mir in unserer Szene nicht bekannt
c) Gebrauchsmuster (oft auf Design und Bauformen erteilt): sind nach max 10 Jahren Laufzeit auch kein Thema mehr
d) Halbleiterschutzgesetz (betrifft die konkret-physikalische Bauform zB eines Mikrochips) - Laufzeit max 10 Jahre, selten angewandt - kein Thema bei unseren Schachcomputern (mehr)
Fazit: technisch könnte man wohl die meisten alten Brettis komplett kopieren, aber am Urheberrecht kommt man mit keiner Begründung "vorbei". Und es ist sehr zu begrüßen, daß einzelne im Forum schon erste Schritte unternommen haben, von einzelnen Programmautoren Freigaben (zB für das MESS-Projekt) zu erlangen. An Grenzen stößt das da, wo die Autoren noch durch exklusive Verwertungsrechte an Dritte gebunden sind.
Gruß
Roland