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Alt 04.10.2020, 02:02
Beeco76 Beeco76 ist offline
Mephisto Montreux
 
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AW: Der DGT Centaur - Die Review

Hallo zusammen,

das Plastik sehe ich weniger als Problem: Das weiß man vorher, das weiß man nachher.

Das Problem ist der Hype, dem der Centaur letztendlich nicht gerecht werden konnte. Die Erwartungen waren dann im Endeffekt zu hoch.

"Adaptives Spiel" innerhalb von einer Partie halte ich für ziemlich schwer zu implementieren.

Bei den Schilderungen hier im Thread hatte ich Erinnerungen an die "Gummiband-KI" in einigen Autorennspielen. (Erklärung hier: https://www.computerbase.de/forum/th...and-ki.627969/ )

Lag man im Rennen hinten fuhren die Autos vor einem absichtlich schlecht, so dass man sie leicht wieder einholen konnte. Lag man im Rennen vorne, konnte man auch bei fehlerfreiem Fahren mit Top-Speed keinen Vorsprung herausfahren. Wenn man vorne lag, waren die Gegner immer dicht hinter einem. Bis zum Fahrfehler - dann fuhren die Gegner auch wieder schlecht.
Was vom Hersteller gut gemeint war, um spannende, ausgeglichene Rennen zu bekommen, schlug schnell beim Spieler in Frust um, weil er sich nicht ernst genommen fühlte.

Ich weiß nicht, ob es wirklich so schlimm ist wie bei der Gummiband-KI, aber das Gefühl lässt sich nicht ganz vermeiden.

Ob der adaptive Effekt mit dem Centaur, Stockfish DD oder mit dem Freund-Feature aus Fritz besser funktioniert, mag auch ein wenig am persönlichen Geschmack liegen. Vielleicht spielt auch die eigene Spielstärke hier mit hinein.

Ich persönlich nehme z.B. am liebsten eine Engine, die relativ menschlich spielt, und fange dort mit der niedrigsten Elo-Einstellung an.
Dann gehe ich in gewissen Sprüngen nach oben, bis dass ich keine Gewinnchance mehr habe, und dann wieder runter mit der Elozahl.
Das mache ich so lange, bis die Chancen 50:50 sind. (Die Shredder-GUI hat die Schwierigkeitsgradänderungen schon eingebaut, aber man kann das auch mit der Hand machen.)

Ergebnis: Wenn ich einen Fehler mache, dann ist das eben so - wie in einer echten Partie auch. Und der Fehler wird nicht mit einem anderen Fehler innerhalb der nächsten 2 Züge beantwortet, sondern ungefähr so, wie es jemand mit der eingestellten Spielstärke beantworten würde.

Aber: Das ist meiner Meinung nach Geschmackssache. Dafür spielt man am besten Probe bei einem Händler vor Ort.

Für objektiv bedenklicher halte ich Dinge dazu wie Lichteffekte auf Nachbarfeldern, die nicht beleuchtet werden sollten, oder zu starke "Nachbilder" auf dem eInk-Display, dann kommt schnell Enttäuschung auf.
Beides habe ich schon in Youtube-Videos gesehen und außerdem war mir unklar, ob und wie Updates an der Software vorgenommen werden können.

Hier wäre interessant zu wissen, wie das aussieht, wenn man wirklich vor dem Brett sitzt und ob sich die Geräte verbessert haben. Auch hier führt kein Weg daran vorbei, sich das Gerät bei einem Händler oder einem Kumpel selbst anzugucken und 3 bis 4 Partien probezuspielen.
Vielleicht kommt man zu dem Schluss, dass das genau das Gerät ist, was man sucht. Vielleicht möchte man lieber etwas anderes.

Ich stand am Jahresbeginn auch vor der Entscheidung, DGT Centaur oder DGT-Board mit DGT Pi. Ich habe mich aufgrund der Anwendungsmöglichkeiten für Letzteres entschieden. (Und das ist nicht gegen DGT gerichtet, denn die anderen Produkte sind ja auch von DGT.)

Heute ist das Problem immer noch, dass der Hype weitergeht. Und das schadet meiner Meinung nach dem Gerät mehr als es nützt.

Menschen neigen manchmal auch dazu, ihren Kauf zu rechtfertigen.
Da werden z.B. "versteckte Features" aus "Updates" herbeigeredet. In Youtube gibt es ein Video, da sitzt jemand vor einem Centaur, redet von einem versteckten Feature, hält ein Buch in die Luft und dann ist das Video auch schon wieder zuende.

[YOUTUBE]3qBDtkpqrms[/YOUTUBE]

Also nochmal genauer hingehört und sicherheitshalber die Untertitel eingeschaltet. Um das Folgende zu erkennen - korrigiert mich, wenn ich mich irre: Das versteckte Feature ist wohl die Tatsache, dass die eigene Uhr erst anfängt, zu ticken, wenn man den Zug, den der Centaur ausgeführt hat, auf dem Brett ausführt. Ist das nicht schon auf den klassischen Schachcomputern meistens so?

Ich glaube, das Gerät wäre besser hier im Forum angekommen, wenn der Hersteller das Gerät etwas updatefreundlicher gestaltet hätte und neben der adaptiven Engine eine klassische Engine mit Einstellungsmöglichkeiten dazugepackt hätte.
Und dann zum Kunden so etwas kommuniziert wie: "Hier ist ein interessantes Gerät mit interessanter Sensor-Technik und modernem Design, das ein wenig an Bauhaus-Stil erinnert. Als Schmankerl hat es zusätzlich eine adaptive Engine. An diesem Feature wird noch gearbeitet, also gebt uns Feedback, wir nehmen eure Wünsche in unser nächstes Update auf."

Vielleicht ist das Gerät aber auch gar nicht für unser Marktsegment gedacht.
Beim Chess Genius gab es ja auch später noch eine Pro- und eine Exclusive-Version.

Viele Grüße
Markus
Folgende 5 Benutzer sagen Danke zu Beeco76 für den nützlichen Beitrag:
Bryan Whitby (04.10.2020), Hartmut (05.10.2020), Mythbuster (04.10.2020), Nisse (04.10.2020), RetroComp (04.10.2020)