Thema: Turnier: David Broughton Turnier
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #128  
Alt 10.10.2019, 20:15
Hartmut Hartmut ist offline
Lebende Foren Legende
 
Registriert seit: 01.04.2010
Ort: Nürnberg
Alter: 60
Land:
Beiträge: 2.174
Abgegebene Danke: 3.220
Erhielt 1.544 Danke für 898 Beiträge
Aktivitäten Langlebigkeit
3/20 14/20
Heute Beiträge
0/3 sssss2174
AW: David Broughton Turnier

 Zitat von mclane Beitrag anzeigen
Also ich weiß nicht. Aufgabe ist Aufgabe. Es gibt vielleicht einen Ermessensspielraum bei Remis oder Remisabschätzungen. Aber wenn eine Seite aufgibt, dann ist das so. Das ist ja fest im Gerät eingebaut und wenn es frühzeitig ist .... dann denke ich ist es dennoch so. Die Geräte spielen auf Turnierstufe und denken darüber ja ausreichend nach.
Naja, die Frage ist ja, wie ernst man diese "Aufgabe" nehmen kann. Er bietet (zumindest wenn sich der Nachteil langsam rauskristallisiert) auch Remis an, wenn die Bewertung bei -024 steht, lehnt aber jedes Remis ab, wenn die Bewertung z.B. bei -001 liegt. Da könnte man jetzt genauso sagen: "Naja, auf Turnierstufe denkt er ja ausreichend nach". Stimmt aber so nicht.

Oder spiel eine Vorgabepartie in der Du ihn einen Turm vorgeben lässt. Er wird ab dem ersten Zug aufgeben, allein wegen einer materiellen Minusbewertung ohne auf die Möglichkeiten der Stellung zu achten oder zu wissen, dass er vielleicht einen Patzer gegenüber hat, der auch mit einem Turm mehr nicht gewinnen wird. Solang er in seiner (sehr geringen) Suchtiefe nicht sieht, dass er das Material forciert zurückgewinnt (was aus der Grundstellung bei einer Vorgabepartie gar nicht möglich wäre) wird er aufgeben sobald er -030 erreicht, unabhängig davon, wie gut rein stellungsmäßig die Chancen stehen oder wie schwach der Gegner ist.

Diese Aufgabefunktion ist sehr statisch ausgelegt. Und gerade beim Mark 5 schwanken die Bewertungen manchmal hin und her wie eine Feder im Wind. Kannst Du sofort ausprobieren indem Du irgendeine bekannte Eröffnung spielst. z.B. 1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 e5 6. Sb3 Le7 (Bewertung +011 also eine ganze Bauerneinheit, warum auch immer) 7. Le2 0-0 (Bewertung -006, also hat er gerade eineinhalb Bauern verloren, das wird auch bei jedem anderen Zug anstelle von 7. Le2 passieren, es sei denn Du stellst was ein). Wenn man auf dieser Basis bei einer so statischen Aufgabefunktion wie beim Mark V die Sache dann sofort als Aufgabe wertet, obwohl in einer Stellung vielleicht noch alles drin ist, dann kann man das Turnierergebnis nicht ernst nehmen. Hinzu kommt noch, dass alle anderen teilnehmenden Geräte eine solche Aufgabefunktion nicht haben, die Partien hier also auch vom Menschen abgeschätzt werden (oder vielleicht vom Compi aufgegeben werden, wenn er sieht dass er Matt wird). Da sollte man Mark V und Mark VI dann auch genau dieselbe Möglichkeit einräumen und nicht allzu sehr auf dieses Feature achten. Bei den meisten anderen Rechnern würde man aufgeben, wenn die Bewertung bei -9.99 liegt, eventuell auch schon bei -7.0. Warum hier den Mark V anders behandeln?

Ein Mensch wird gegen einen gleichwertigen oder vielleicht Elomäßig schlechteren Gegner nicht aufgeben, weil er z.B. einen Läufer einstellt. Er wird höchstwahrscheinlich nach einem Trick suchen (es sei denn die Stellung ist wirklich total kaputt). Gegen einen stärkeren Gegner wird er vielleicht eher aufgeben. Der Compi weiss nicht, wer ihm gegenüber sitzt. Ich würde z.B. gegen einen Kreisligaspieler weiter spielen, auch wenn ich einen Läufer im Minus wäre. Sitzt mir hingegen ein Bundesligaspieler gegenüber und ich hab nen Läufer weniger, brauch ich es gar nicht weiter versuchen. Wenn der Mark V nun so früh aufgibt ohne die Gegenspielchancen abschätzen zu können (was er nicht kann, wie gesagt, die Aufgabefunktion ist sehr statisch) dann ist das einfach unsinnig. Die Funktion wurde gemacht um Bandwurmpartien gegen Menschen zu vermeiden. Nicht um Computerturniere zu bewerten.

Klar, wenn der Mark V gegen ein entsprechend starkes Gerät mit -030 da steht, sind keine Wunder mehr zu erwarten. Die überspielen ihn einfach. Bei anderen Geräten hingegen ist das eben nicht ganz so klar. Ich könnte Dir auf Anhieb 5 Partien raussuchen, in denen der Mark V aus einer Stellung mit der Bewertung -030 und schlechter das Blatt noch gewendet hat. Dann muss man ihm diese Chance allerdings eben auch geben.

Im übrigen könnte man auch so argumentieren: Ein Gegner der aufgibt, spielt nicht weiter. Das Gerät zeigt einen Kommentar an und auch nur dann, wenn man die Comment-Taste drückt. Es ist nicht so, dass es von sich aus die Partie beendet und Du erst eine Taste drücken musst um ihn zum Weiterspielen zu zwingen. Oder dass er Dir den Kommentar aufzwingt, indem er erst "Ich gebe auf" einblendet und erst wenn Du das ignorierst seinen Zug macht. Das kann man kaum als richtige Aufgabe werten. Er sagt ja auch "Ich gebe auf, OK?" formuliert dies also als Frage. Genauso könnte er sagen: "Willst Du dass ich aufgebe?" Eine richtige Aufgabeerklärung sieht für mich ehrlich gesagt anders aus.
__________________
Mein Profil beim ICCF (International Correspondence Chess Federation)
https://www.iccf.com/player?id=89948&tab=3
Mit Zitat antworten
Folgende 2 Benutzer sagen Danke zu Hartmut für den nützlichen Beitrag:
Egbert (10.10.2019), Robert (11.10.2019)