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Alt 03.12.2021, 21:05
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Walter Walter ist offline
Resurrection
 
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AW: Vergleich Magellan : Senator

Inzwischen habe ich die Elo-Werte der Kontrahenten und die Erwartungswerte für die Punkte nachgesehen.

Gemäß der Aktivschach-Eloliste 2020 hat Magellan 2239 Elo, Master Chess 24 MHz 2201 Elo. Die Liste für Turnierschach habe ich nicht parat, daher führe ich das Beispiel hier anhand der Aktivschachliste fort.

Die Elo-Differenz beträgt 38. Daraus ergibt sich ein Verhältnis der Erwartungswerte von 55 (Magellan 20 MHz) zu 45 (Masterchess 24 MHz). Das kann man aus entsprechenden Listen ablesen. Nur die Elo-Differenz von 38 ist entscheidend, egal wie hoch die individuellen Werte sind. Das Elo-System ist so aufgebaut.

Bei 20 Partien bedeutet das ein zu erwartendes Ergebnis von 11:9.
Dieses erwartete Ergebnis kann durch Zufall mehr oder weniger abweichen.

Da die Wahrscheinlichkeit, genau das Verhältnis 11:9 zu treffen, eindeutig kleiner als 50% ist (mathematische Berechnung erspare ich mir und euch), bedeutet das wiederum, dass das tatsächliche Ergebnis um das Verhältnis 11:9 streuen wird. Dabei wiederum sind näher an 11:9 liegende Werte wahrscheinlicher als ferner davon liegende Werte. Man kann sich das wie eine Zielscheibe vorstellen, auf die ich mit Schrot schieße. Die Schrotkugeln werden um das Zentrum streuen, wobei mehr Kugeln nahe dem Zentrum einschlagen als weit davon entfernt.

Bei 100 Partien bedeutet die Elo-Differenz von 38 ein zu erwartendes Ergebnis von 55:45.
Das kann durch Zufall ebenfalls abweichen, aber voraussichtlich weniger stark als bei 20 Partien. Die meisten Menschen werden dem (richtigerweise) intuitiv zustimmen.

Bei 1.000 Partien bedeutet das ein zu erwartendes Ergebnis von 550:450.
Das sind dann schon ziemlich viele Partien, daher wird das Ergebnis relativ gering durch Zufall davon abweichen.
Bei vielen Partien "neutralisieren" sich die Zufälle mit der Anzahl der Partien. Mal begünstigt der Zufall den einen, dann wieder den anderen. Bei wenigen Partien hat der Zufall vielleicht mal zugeschlagen, aber es sind zu wenige Partien, dass der andere auch mal die Gunst des Zufalls erfährt. Daher liegt das Ergebnis bei vielen Partien in einem deutlich engeren Bereich um den Erwartungswert von 550:450 herum.

Diese 3 Beispiele sollen das "Gesetz der Großen Zahl" verdeutlichen.

Bei einer sehr, sehr großen Zahl von Partien wird sich das Ergebnis extrem nahe am Erwartungswert einpendeln.

Falls es das nicht tut (obwohl es mathematisch zwingend ist), gibt es nur eine einzige zulässige Erklärung: die bisherigen Elowerte waren falsch und haben nicht die wirklichen Elowerte wiedergeben. Dann gibt die Logik und Mathematik nur eine Möglichkeit vor: die bisherigen Elowerte waren ungenau und sind durch die neu ermittelten zu ersetzen.

Diese Beschreibung soll auch deutlich machen, dass jegliche Elowert-Ermittlung nur eine Schätzung des "wahren" Elowertes sein kann. Sie ist immer nur eine Schätzung, weil die Anzahl der Partien, auf die sich die Schätzung stützt, zahlenmäßig begrenzt ist. Dabei gilt: je mehr Partien, desto zuverlässiger die Schätzung. Aber trotzdem kann durch noch mehr Partien die bisherige Schätzung ersetzt werden.

Hochgradig präzise wäre nur eine Schätzung, die sich auf "unendlich" viele Partien stützt.

Muss man deshalb Elo-Schätzungen (genannt: "Elo-Werte") ablehnen, die auf wenigen Partien beruhen? NEIN, NEIN, NEIN. Man kann sie trotzdem nehmen, weil es bis dahin keine bessere Schätzung gibt.

Man nimmt immer die bestmögliche vorhandene Schätzung, denn eine bessere hat man nicht.

Aber jede bisherige Schätzung kann jederzeit durch noch mehr Partien durch eine noch präzisere Schätzung abgelöst werden. Dabei gilt aber, dass die Schätzung (Gesetz der Großen Zahl) ab einer gewissen größeren Menge an Partien schon sehr, sehr zuverlässig werden. Man kann also auch theoretisch akzeptieren, dass durch eine Anzahl von Partien ermittelte Elozahl als ziemlich sicher angenommen werden kann. Ein kleiner Fehler könnte theoretisch zwar noch drin sein, aber mal anders gefragt: Wie wahrscheinlich ist es, 1000 mal hintereinander eine "6" zu würfeln? Theoretisch möglich, aber so extrem unwahrscheinlich, dass man es in der Praxis vernachlässigt. Vor dieser Art ist der mögliche Fehler, der nach sehr vielen (mehrere hundert/tausend) Partien noch denkbar ist. Denkbar, aber so unwahrscheinlich wie 1.000 mal "6".
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Tibono (04.12.2021)