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Alt 10.07.2023, 18:26
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AW: Zep Tepi, die erste Zeit der Computerschach Götter

Dann beginnen wir heute einmal mit unserem 1. Artikel in dieser Rubrik:

Mr.Chess Intellivision Homebrew

In den ersten Jahren des Computerschachs waren die Schachcomputer häufig Spezialgeräte. und es sollte über viele Jahre so bleiben, das Homecomputer mit Software oder auch Spielekonsolen mit Modulen/Cartridges keine Chance hatten gegen die spezialisierten reinen Schachcomputer.

1977 kam Atari mit seiner 2600 oder auch VCS genannten Spielekonsole auf den Markt.

Atari verkaufte insgesamt 27 Millionen Stück davon.
Allein das Spiel Pac Man wurde 7 Millionen mal verkauft.

Die Hardware der Konsole ist dabei noch relativ bescheiden.
Ein MOS 6507 mit 1.19 Mhz.
128 Bytes Hauptspeicher
Die Spiele oft nur 2 oder 4 KB gross.

1456 bytes of RAM:
240 × 8-bit Scratchpad Memory
352 × 16-bit (704 bytes) System Memory
512 × 8-bit Graphics RAM
7168 bytes of ROM:
4096 × 10-bit (5120 bytes) Executive ROM
2048 × 8-bit Graphics ROM

Das sind ja verglichen mit unseren Schachcomputern keine Werte die optimal für Schachcomputer Programme wären.


Neugierig schaute auch die Konkurrenz, was da vor sich ging.

Und man entschloss sich, auf diesem Sektor müssen wir auch etwas herausbringen.

Einer der Hauptkonkurrenten war z.B. die Spielefirma Mattel.
und diese brachte dann auch 1979 eine optisch ähnlich gehaltene Konsole heraus, die Intellivision.

https://de.wikipedia.org/wiki/Intellivision

Allerdings mit ganz anderer Controllerphilosophie.
Es gab einen Drehkontroller mit 12 numerischen Tasten. Über die Tasten konnte man sogenannte Karten / Overlays einschieben die für die jeweiligen Spiele die unterschiedliche Belegung anzeigten.

Der Prozessor war wie im Ti99/4A von Texas Instrument ein waschechter 16 Bit Prozessor, der General Instrument CP1610 mit 894,886 khz !!
Die Konsole hatte da schon immerhin 371 Bytes RAM, von denen aber nur 147 Bytes für die Anwendung verfügbar waren.
Insgesamt verkaufte Mattel wohl nur 3 Millionen Einheiten.

Hier in dem Video könnt ihr sehen wie das alles funktionierte:


Die Programmierer für die Mattel Spiele wurden namentlich meist geheimgehalten, damit z.B. ATARI sie nicht abwerben konnte.
Daher führte man die Pseudonym Bezeichnung "Blue Sky Rangers" ein.


In einer Zusammenarbeit mit der amerikanischen Schachföderation kam dann auch 1981-1982 das Schachprogramm USCF Chess heraus.

Weil die 371 Bytes RAM doch reichlich wenig war, hat man einfach weitere 2 KB in die Cartridge reingenommen.

Der Hersteller des Programms war "teletape Inc.", eine Firma die mit AI Erfahrungen hatte, zumindest mit dem was man DAMALS unter AI verstand.

Hinter Teletape verbirgt sich natürlich Julio Kaplan und Craig Barnes die dann auch für SciSys / Saitek gearbeitet haben.

USCF Chess hat 9 spielbare Levels, wobei Spielstufe 6 dann auch schon mal ein paar Stunden oder sogar eine ganze Nacht rechnen kann bevor es den Zug ausspuckt. Dann Unendlich Stufe und Mattsuchstufe.

Wegen der zusätzlichen 2 KB RAM in der Cartridge ist es schwierig die Software in einem Emulator ablaufen zu lassen, man muss dem Emulator dann mit einem Config File mitteilen das hier eine erweiterte Hardware vorliegt.

Man kann natürlich auch falls vorhanden eine echte Intellivision Konsole kaufen und die Module sind noch sehr gut zu bekommen.


Beim Kauf einer Intellivision Konsole sollte man bedenken dass oft das Spiralkabel der Kontroller, die fest mit der Konsole verbunden sind, im Laufe der vielen vielen Jahre einen Kabelbruch bekommen kann. Ihr kennt das Phänomen sich verzwirbelnder Spiralkabel vielleicht noch aus der Schnurtelefon Zeit.

Daher hat Mattel dann auch in der Nachfolgekonsole abnehmbare Kontroller angeboten, so dass man mögliche verdrehte Kabel einfach wieder freigedreht bekam. Also abstecken, Spiralschnur entwirren, wieder einstecken.

Dafür sah die Intellivision II Konsole etwas abgespeckt oder vereinfacht aus.

Als Emulator verwende ich den Kommandozeilen Emulator JZintv.

USCF Chess hat eine Grösse von 16 KB , aber kein Eröffnungsbuch.

Jetzt werdet ihr euch sicher Fragen: warum erzählt der uns das alles hier ?!


Es ist nämlich so, das vor kurzem Oscar Toledo sein Schachprogramm für die alte Intellivision geschrieben hat.

https://nanochess.org/chess.html

Sowas ist heutzutage total in. Programmierer programmieren wieder für längst untergegangene Hardware und es erscheinen dann neue Spiele für alte Geräte, für die Retroszene.

In letzter Zeit erscheinen also NEUE Spiele für C64, Spectrum oder den französischen Thomson Homecomputer. und Oscar hat seinen Beitrag dazu erbracht und für Intellivision das Programm Mr.Chess veröffentlicht.

https://nanochess.org/mr_chess.html

Damit bekommt die Intellivision nach 44 Jahren ein neues Schachprogramm.
Und jetzt könnt ihr euch sicherlich denken was wir hier in der Schachcomputerwelt auf Schachcomputer.info testen:

Oscars neues Programm Mr.Chess (2023) gegen andere Schachprogramme dieser ersten Zep Tepi Zeit (1979-).


Hier ein YouTube Video das das Programm vorstellt:
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Größe:	48,9 KB
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Die ganze Welt des Computerschachs

Geändert von mclane (10.07.2023 um 21:03 Uhr)
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