Thema: Review: Backgammon
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #10  
Alt 03.03.2019, 12:00
CC 7 CC 7 ist offline
Chess Machine
 
Registriert seit: 10.12.2004
Land:
Beiträge: 347
Abgegebene Danke: 0
Erhielt 318 Danke für 142 Beiträge
Aktivitäten Langlebigkeit
5/20 20/20
Heute Beiträge
0/3 ssssss347
AW: Backgammon

Fidelity Backgammon Challenger (Emulation)

Zu allererst: Danke Franz, für diesen herrlichen Neuzugang in Deiner CB-Emu, die Emulation des Fidelity Backgammon Challenger ist hervorragend gelungen,
prima umgesetzt - dazu wunderschöne Artwork.

Da es für einige Begriffe im Backgammon kein deutsches Äquivalent gibt, habe ich mich bemüht, das "Fachchinesisch" auch für Ungeübte halbwegs zu erklären.

Der Fidelity Backgammon Challenger war der erste erschwingliche BG-Computer, praktisch der CC 7 unter den BG-Computern - vielleicht sogar der erste verfügbare elektronische Backgammon-Spielpartner überhaupt ?!

Etwa um dieselbe Zeit (1979) spielte dabei der Aristotle Backgammon eine unklare Rolle - fraglich, ob Aristotle überhaupt in nennenswerten Stückzahlen produziert worden ist oder ob es nur einige ganz wenige Prototypen gab.
Für die Software des legendären Aristotle zeichnete Ex-Fernschachweltmeister Hans Berliner und der in Backgammonkreisen nicht minder bekannte Paul Magriel verantwortlich.

Fidelity Backgammon Challenger würfelt für beide Spieler, verfügt zusätzlich über die Option eigene Würfelzahlen einzugeben, sehr gut !

Es gibt nur eine Spielstufe...die stärkste...

Damit kann man zwar heute keinen Blumentopf gewinnen - aber für 1979 war das gar nicht so übel, nach erster Einschätzung ca. 850 BG-Elo in meiner Liste (maximal erreichbar 2050 Punkte).
10 Jahre später war manch anderer Backgammoncomputer auch nicht viel besser, aber für Anfänger durchaus geeignet.

Als Kostproben der Spielweise des Fidelity Backgammon Challenger hier 2 Kurzpartien:

Zunächst eine Verlstpartie, die die Schwächen des Pioniergerätes aufzeigt:
Blot- Fidelity Backgammon Challenger
1) 65: 24/18 18/13 11: 6/5 6/5 5/4 5/4
2) 53: 8/3 6/3 62: 8/2 4/2
3) 21: 24/22 22*21 21: 25/23 24/23
4) Doubles => 2 Drops
Wins 1 point

Schon der erste Zug ist ein positioneller Schnitzer, den goldenen 5er-Punkt im eigenen Heimfeld aufzugeben und auf die 4 vorzurücken ist verfehlt, viel besser wäre der Blockadezug 6/5(2) 8/7(2).
Ein noch viel größerer Patzer im 2. Zug: hier ist der Vorwärtsdrang im eigenen Heimfeld viel zu groß, 8/2 4/2 macht zwar dort einen Punkt, läßt aber leichtsinnig einen Blot auf der 4 zurück. Viel besser wäre 24/18 13/11.

Auch das Dopplerverhalten läßt zu wünschen übrig: am Ende steht Fidelity Backgammon Challenger zwar schlechter, aber nicht so schlecht, daß der Cube
(=Dopplerwürfel) abgelehnt werden müßte - im Gegenteil, es war eher ein sehr
dünnes Doppel von Blot.

Gelegentlich kann der Fidelity Backgammon Challenger glänzen:
Blot- Fidelity Backgammon Challenger (Fidelity beginnt):
1) 36: 24/21 21/15
2) 61: 13/7 8/7 64: 15/9 13/9
3) 15: 24/23 13/8 25: 6/4 9/4
4) 16: 23/22 22*16 24: 25/23 13*9
5) 66: 61: 13/7 8/7
6) 14: 25/24 13/9 25: 23/21 21*16
7) 26: 25/23 13/7 Doubles => 2
8) Drops
Wins 1 point

In dieser Partie ist das Checker play (das Setzen der Spielsteine) des Fidelity Backgammon Challenger super, wirklich optimal. Hätte ein Weltklassespieler nicht besser ziehen können.

Das Dopplerverhalten war ordentlich, da es hier in der Endposition aber kaum Marketloser gibt, kann man den Gegner später immer noch rausdoppeln.
(Marketloser = besonders gutes Würfelergebnis, das den Gegner praktisch zwingt, ein Doppel abzulehnen. In einer Stellung mit besonders vielen Marletloser ist es sinnvoll, vorher zu doppeln).

Ein Spitzenspieler auf höchstem Niveau würde deshalb ein klein wenig Kritik üben und den Einwand geltend machen "too good to double", d.h. die Stellung
ist auf Grund ihrer sehr hohen Gammon-Wahrscheinlichkeit zu gut um zu doppeln (da der Gegner sicher ablehnt und man nur einfach gewinnt).

Ein Gammon-Sieg zählt aber doppelt, ein Backgammon-Sieg gar dreifach (Gammon = der Gewinner hat alle seine Steine ausgespielt, ohne daß der Gegner einen einzigen Stein ausspielen konnte).

Backgammon ist nicht nur der Name dieses tollen Spiels, sondern bezeichnet auch einen Spielausgang mit dreifachem Wert (Backgammon = der Gewinner hat alle seine Steine ausgespielt, wohingegen der Gegner keinen einzigen abgetragen hat, zudem befindet sich noch mindestens ein Stein im Heimfeld des Gewinners bzw. auf der Bar).

Soweit, so schön. Aber...

Betrüblich, den Gesamteindruck doch gewaltig schmälernd:
Fidelity Backgammon Challenger beherrscht die Spielregeln nicht richtig, es gibt da nämlich einen dicken Bug im Zuggenerator !!



In der Schlußstellung (Pip Count 125:151) würfelt der Fidelity Backgammon Challenger 5+1, wonach der Zug erzwungen ist: 22-21 21-16 ist der einzig mögliche Zug.
Fidelity Backgammon Challenger spielt aber 04-03 illegal !!,
denn danach kann der Fidelity Computer keine 5 mehr ziehen, passen ist aber hier gemäß den Spielregeln verboten !
Ungefähr so, als würde man beim Bauernendspiel im Zugzwang einfach sagen:
passe...da würde ein Großmeister ganz schön gucken...

Ein Vergleichswettkampf zwischen Fidelity Backgammon Challenger und meinem BG-Programm namens Blot läuft gerade, nach 12 Spielen zwischen den Oldies
steht es 17:7 für Blot (Fidelity Backgammon Challenger würfelt für beide).

Kennt eigentlich jemand den Autor des Fidelity Backgammon Challenger ?
War etwa Ron Nelson als "Mädchen für alles" auch für den Fidelity Backgammon Challenger als Programmierer tätig ??

Gruß
Hans-Jürgen

Im Anhang befinden sich die Partien im mat-Format, um sie z.B. mit GNUBG
(ein kostenloses Weltklasseprogramm, sehr empfehlenswert) nachzuspielen.
Miniaturansicht angehängter Grafiken
Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	BgChBug.jpg
Hits:	955
Größe:	74,6 KB
ID:	3656  
Angehängte Dateien
Dateityp: txt Emu_004.txt (468 Bytes, 141x aufgerufen)
Dateityp: txt Emu_011.txt (277 Bytes, 139x aufgerufen)

Geändert von Chessguru (03.03.2019 um 12:10 Uhr) Grund: Bild auf Wunsch eingefügt
Mit Zitat antworten