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Alt 21.03.2008, 09:20
Sonny Sonny ist offline
Fidelity Kishon Chesster
 
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AW: Figuren aufarbeiten (spez. Mephisto Excl.)

Hallo,

ein Erfahrungsbericht:

Meine Mephisto-München-Figuren, Second-Hand-Ware, waren unansehnlich grau und matt. Ich habe sie mit Holzpflegemittel (Möbelmilch) gereinigt, und die Figuren sogen das Mittel so in sich ein, dass die hellen Figuren dunkler wurden als die noch unbehandelten dunklen, die nach der Behandlung ebenfalls deutlich dunkler wurden. Ich war mit dem Resultat nicht zufrieden. Die Figuren sahen fleckig aus, weil das Holz das Mittel einmal stärker, einmal schwächer aufnahm. Ich habe die Figuren mit Schleifvließ wieder abgeschliffen (zuerst 360er, dann 1500er; aus dem Baumarkt), danach sahen sie zwar schöner aus als zu Beginn, aber ich wollte mehr. Ich wollte schönen Seidenglanz!

Als Schüler musste ich am Gymnasium vor etwa 28 Jahren eine Intarsienarbeit basteln. Die mussten wir politieren, und so habe ich versucht, auch heute an so eine Möbelpolitur zu kommen. Nur versteht man heute unter Möbelpolitur offenbar eine Möbelmilch, ein Möbelpflegemittel; damals erhielt man unter dieser Bezeichnung einen sehr dünnflüssigen, äußerst schnelltrocknenden Lack, der mit einem Politurballen aufgetragen werden musste (niemals mit Pinseln).
Jetzt wieder ins Jahr 2007: Ich wollte mir also so einen Politurlack besorgen. Ich klapperte einige Farbengeschäfte in Wien ab, aber die jungen Verkäufer dort schickten mich alle in Drogeriemärkte; mit meiner Beschreibung des Lacks konnten sie nichts anfangen. Ich solle doch farblosen Lack verwenden. Dass die Drogeriemärkte nicht das hatten, was ich wollte, muss ich wohl kaum betonen. Nun gut, ich hab's dann an einem hellen und einem dunklen Bauern mit farblosem Lack probiert, das Ergebnis war für mich nicht zufriedenstellen, weil die Figurenoberfläche nicht schön glatt aussah, Pinselspuren hatte und selbst bei dünnem Anstrich der Lack leicht milchig wirkte. Vorher hatte es mir besser gefallen. Also wieder abschleifen.

Im Spätherbst 2007 war ich wegen etwas ganz anderem im Baumarkt, dort stand in der Lackabteilung eine grauhaariger Berater, und da trug ich ihm aufs Geratewohl mein Problem mit der Politur vor. Und er wusste, was ich wollte!!! Der erste! Aus einem kleinen, unscheinbaren, verstaubten Regal holte er ein 0,125l-Fläschchen "Clou L4 Möbel-Lasur-Lack natur" zu €6,90 hervor. Und das war das Richtige! Eine Lasur war für mich immer das, womit wir die Holzwände vor Wind und Wetter schützen. "Ist es auch", sagte mir der Berater, "aber das ist ein Lasur-Lack." Und weiter: mit einer normalen Lasur könne ich die Schachfiguren natürlich auch behandeln, aber die Maserung käme nicht so gut hervor, so eine Lasur ist dann anzuraten, wenn das Holz schon sehr verfärbt ist. Ich habe also meine Schachfiguren mit 2 hauchdünnen Schichten dieses Möbel-Lasur-Lacks behandelt (mit Tuch auftragen, nicht mit Pinsel); der Lack trocknet rasend schnell. Das Ergebnis: die Figuren sehen nun aus wie ein nobler Figurensatz um €120 oder mehr, mit herrlichem Seidenglanz, ganz ohne irgendwelche Spuren! Das Holz der dunklen Figuren irisiert nun leicht, je nach Lichteinfall. Auch die hellen Figuren zeigen nun Maserung, die vorher nicht sichtbar war. Ich bin begeistert. Das ganze Schleifen war viel Arbeit, das Ergebnis aber belohnt die Mühe.

Nun, im März 2008, wollte ich mir noch ein Fläschchen Möbel-Lasur-Lack besorgen, jedoch: gibt's nicht mehr. Aber der selbe Berater sagte, im Grunde sei die (nur auf Bestellung erhältliche) "Clou Schellack-Politur" dasselbe wie der von mir gewünschte Lack. 1 Liter über €40! Ich überleg's mir noch. Diese Politur ist, glaube ich, wirklich das, was ich als Schüler verwendet habe. Die Flasche sieht auch ähnlich aus. So etwas gab's damals bei jedem Farbenhändler und im Baumarkt. Heute wird Schellack-Politur (ein mit Alkohol verdünnter Schellack) fast nur mehr von Restauratoren verwendet. Mit dieser Politur veredeltes Holz ist nicht vor Wasser geschützt. Es sollte möglichst trocken gereinigt werden. Leider sollte es auch nicht der direkten Sonne ausgesetzt werden, was mich aber nicht stört, weil ich meinen Schachcomputer und die Figuren nach dem Spielen ohnehin wieder wegräume.

Noch etwas: Zum Reinigen und Pflegen des München-Brettes und meiner Möbel hat mir mein Tischler Estalin-SPECIAL "hell" empfohlen (nicht Polish), und das ist ein Wundermittel. Mein Second-Hand-München-Brett hatte grausliche Wasserflecken, die mit Möbelmilch nicht weggingen. Mit Estalin schon.

So, das wurde nun doch ein längerer Artikel als ich ursprünglich wollte. Ein Tipp: seht in der Wikipedia unter Schellackpolitur nach, wenn ihr mehr wissen wollt.

Schöne Grüße,
Sonny

Geändert von Sonny (21.03.2008 um 09:27 Uhr)
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Snowpuma (24.07.2020)