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Alt 06.03.2018, 22:26
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AW: Match 120'/40 Elite V6 - Portorose 68020

Match 120'/40, 2. Partie, ECO B22: Sizilianisch (Alapin-Variante) | Bediener: Rolf Bühler | Stand: 2:0 für den Elite V6 | Der Portorose 68020 holt nichts aus der Eröffnung. Dann entwickelt sich aber ein Lehrbeispiel, wie sich die weisse Stellung nach kleinen Ungenauigkeiten leicht verschlechtert. Und als schliesslich gar Harz ins Getriebe des Portorose 68020 gelangt, der unpassende Züge aufs Brett "zaubert", steht Schwarz plötzlich einfach besser. Völlig unerwartet wie auch unerklärlich - Bug oder sonst was - verliert das Mephisto Programm schliesslich durch eine kurzzügige Abwicklung eine Figur und geht chancenlos unter.

[Event "Elite V6_Portorose 68020"]
[Site "Zurich SUI"]
[Date "2018.03.05"]
[Round "2"]
[White "Mephisto Portorose 68020"]
[Black "Fidelity Elite V6"]
[Result "0-1"]
[ECO "B22"]
[WhiteElo "2118"]
[BlackElo "2107"]
[Annotator "K. Utzinger"]
[PlyCount "99"]
[EventDate "2018.03.05"]

1. e4 c5 {Match 120'/40, 2. Partie, ECO B22: Sizilianisch (Alapin-Variante) |
Bediener: Rolf Bühler | Stand: 2:0 für den Elite V6 | Der Portorose 68020
holt nichts aus der Eröffnung. Dann entwickelt sich aber ein Lehrbeispiel,
wie sich die weisse Stellung nach kleinen Ungenauigkeiten leicht
verschlechtert. Und als schliesslich gar Harz ins Getriebe des Portorose 68020
gelangt, der unpassende Züge aufs Brett "zaubert", steht Schwarz plötzlich
einfach besser. Völlig unerwartet wie auch unerklärlich - Bug oder sonst was
- verliert das Mephisto Programm schliesslich durch eine kurzzügige
Abwicklung eine Figur und geht chancenlos unter.} 2. c3 {Ein grosser Vorteil
der so genannten Alapin-Variante liegt darin, dass Weiss die gegnerischen
Möglichkeiten in der beliebten Sizilianischen Verteidigung drastisch
reduziert. Ein gewichtiger Vorteil ist auch, dass Stellungen entstehen, die
mit den üblichen Strukturen des Sizilianers nichts gemein haben. Ferner sind
mit dieser grundsätzlich gesunden Variante bedeutend weniger
Theoriekenntnisse notwendig und die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass der
Gegner nur rudimentäre Kenntnisse zu diesem Abspiel hat. Der Zug 2.c3 zielt
darauf ab, d4 zu spielen sowie nach cxd4 mit dem Bauern wiederzunehmen und
dadurch die Kontrolle über das Zentrum zu erlangen.} d5 {Das ist eines der
zwei Hauptsysteme, um gegen 2.c3 anzukämpfen. Das andere ist 2...Sf6 mit der
Idee, den weissen e-Bauern nach e5 zu locken, um ihn dann mit ...d6
anzugreifen und den wichtigen weissen Stützpunkt im Zentrum zu beseitigen.
Beide Abspiele gelten als etwa gleichwertig und deren Wahl ist reine
Geschmacksache. Nicht unterschlagen werden darf der Umstand, dass Schwarz
neben 2...d5 und 2...Sf6 auch weniger beliebte, aber durchaus annehmbare
Alternativen besitzt in 2...e6 oder 2...d6 und 2...g6.} 3. exd5 Qxd5 4. d4 {
In der Alapin-Variante muss Weiss bereit sein, mit einem isolierten d4-Bauern
und den damit verbundenen Vor- und Nachteilen zu leben nach einmal c5xd4. Die
Vorteile liegen auf der Hand: Rasche und behinderungsfreie Entwicklung aller
Figuren, Vorposten für die weissen Figuren auf e5 und c5, offene c-Linie und
halboffene e-Linie sowie gute Angriffsmöglichkeiten gegen die schwarze
Königsstellung im Falle der kurzen Rochade. Die Nachteile sind eher
strategischer Art und langfristig. Der Punkt d5 wird sich als optimales
Blockadefeld vor allem für einen schwarzen Springer eignen. Der isolierte
d4-Bauer kann durch schwarze Figuren (Sc6, Lf6, Td8, Dd5 oder Dd6) unter Druck
gesetzt werden. Die Bauernschwäche d4 wird üblicherweise immer bedeutender,
je mehr Figuren getauscht werden. Aber wie schon Siegbert Tarrasch sagte,
haben die Götter das Mittelspiel vor das Endspiel gesetzt. Und viele Partien
werden entschieden, bevor es überhaupt zum Endspiel kommt. Wer also das
Alapin-System wählt, der muss für einen scharfen Kampf ebenso gerüstet sein
wie für eine langatmige Positionspartie.} e6 (4... Nc6 5. Nf3 Bg4 6. Be2 {
ist eine andere und schärfere Variante, in der Schwarz sich auskennen muss,
will er im möglichen Kombinationswirbel nicht untergehen.}) 5. Nf3 Nf6 {
Das betrachtet man allgemein als den solidesten Aufbau von Schwarz: Die
Entwicklung des Lf8 mit baldiger Rochade wird vorbereitet und das wichtige
Zentrumsfeld d5 unter Kontrolle genommen. Wichtig zu wissen ist auch, dass man
ein frühes c5xd4 vermeiden sollte, um dem weissen Springer nicht das
Entwicklungstempo Sb1-c3 zu schenken mit Angriff auf die schwarze Dame. Nun
stellt sich wie fast in jeder Eröffnung irgendwann die Frage, wie man die
weissen Figuren aufstellen und entwickeln soll. Und vorliegend hat man
wirklich die Wahl der Qual. Versuchen wir also, etwas Licht ins Dunkel zu
bringen. A) 6.Le2 ist ein normal guter Entwicklungszug, der sofort die Rochade
vorbereitet und sich gegebenenfalls die Option offen lässt, nach c5xd4 mit
einer Figur zu schlagen und so den isolierten Bauern auf d4 zu vermeiden. B) 6.
Ld3 bereitet ebenfalls die Rochade vor, stellt den Läufer aber aktiver auf,
indem insbesondere der Punkt h7 im gegnerischen Lager anvisiert wird, was nach
der schwarzen kurzen Rochade dem weissen Angriff nur dienlich sein kann.
Gleichzeitig wird auch das Zentrumsfeld e4 überdeckt. Achtgeben muss Weiss
aber, dass nach ...Sc6 und später ...cxd4 nicht ...Sb4 möglich ist, was
entweder zum Tausch des schönen Läufers oder der Damen führt, was für
Weiss aus den bekannten Gründen nicht erstrebenswert wäre. Wahrscheinlich
wird Weiss nicht umhin kommen, mit a3 ein Tempo zu verlieren und den Punkt b3
zu schwächen. C) 6.Le3 deckt den Bauern d4 und droht Bauerngewinn mit d4xc5,
so dass im höheren Sinne 6...cxd4 fast erzwungen ist, was hernach Weiss
ermöglicht, seinen Springer mit Tempo nach c3 zu bringen. Auf e3 steht der
Läufer nicht immer optimal, ist er doch dem Angriff Sf6-g4 ausgesetzt, was im
richtigen Moment ausgeführt, lästig sein kann. D) 6.Sa3 siehe die
Partiefolge Erneut gilt wieder die Devise, dass es ohne tieferes Studium der
einzelnen Varianten undd den daraus entstehenden Mittelspielpositionen nicht
möglich ist, eine absolute Empfehlung an dieser Stelle abzugeben. Aber sicher
kann man sagen, dass Weiss mit keinem der vorgestellten Züge einen Fehler
begeht.} 6. Na3 {Wer nur an den Spruch "Springer am Rand ist eine Schand"
denkt, dem wird dieser Rösselsprung nicht gefallen. Doch schaut man die
positiven Seiten an, wundert es nicht, dass sich der Textzug zu einer der
beliebtesten Fortsetzungen in dieser Stellung gemausert hat. Die
hauptsächliche Idee von 6.Sa3 besteht darin, mit dem lästigen Sb5
fortzusetzen und das Springerschach auf c7 zu drohen. Ferner könnte Weiss
seinen Läufer mit Lc4 und Tempogewinn entwickeln. Offen steht dem Springer
auch das Feld c2, um den Bauern d4 zu überdecken, während unter Umständen
auch die Postierung des Springers nach e3 eine Option darstellt. Und
schliessslich: Alle anderen im vorhergehenden Zug erläuterten
Entwicklungszüg bleiben weiterhin möglich. Kurzum, der Textzug erfüllt alle
Anforderungen an einen guten Entwicklungszug.} Qd8 {Die am häufigsten zur
Anwendung gelangende Antwort. Obwohl die schwarze Dame ein zweites Mal zieht,
ist die weisse Drohung Sb5 nun entschärft. Auch wäre das weisse Lc4 nicht
mehr mit einem Angriff auf die Dame verrbunden. Ein Vorteil des Textzuges
liegt auch darin, dass sich Schwarz den Standort für die Entwicklung seiner
übrigen Figuren noch vorbehält. So kann z.B. ...Ld6 folgen, ohne dass die
auf d5 unsicher stehende Dame behindert wird. Es gibt aber durchaus
Alternativen hier, die gerne gespielt werden wie:} ({a)} 6... a6 {verhindert
auf natürliche(re) Weise Sb5, lässt auch Lb5+ nicht zu und gefällt mir
persönlich ebenso gut wie 6...Dd8.} 7. Nc4 {droht mit der Gabel Sb6 zu
gewinnen} Nbd7 {Entwicklung mit Behebung der Drohung} 8. a4 cxd4 9. Qxd4 Bc5
$11 {ungefähr ausgeglichen}) ({b)} 6... Nc6 7. Be3 (7. Be2 $5) 7... cxd4 8.
Nb5 Qd7 $5 9. Nbxd4 Nd5 {und Schwarz dürfte keine Schwierigkeiten haben}) ({c)
} 6... cxd4 {scheint die ungenaueste der logisch scheinenden Züge zu sein} 7.
Nb5 Na6 8. Qxd4 $14 {und wie die Praxis zeigt, hat Schwarz hier mit
Schwierigkeiten zu kämpfen, da die weissen Figuren optimal zusammenarbeiten,
was auf die schwarzen Stein nicht zutrifft.}) 7. Nc2 {Ende Buch} (7. Nc4 $14 {
gilt als kritischer Test für Schwarz} Be7 8. Be3 cxd4 9. Qxd4 O-O 10. O-O-O
Nd5 11. Qg4 Nxe3 12. fxe3 Qc7 13. Bd3 Nd7 14. Qf4 Qc5 15. b4 Qc6 16. Nd4 Qxg2
17. Rhg1 Qh3 18. Rg3 Qh4 $2 19. Qxh4 Bxh4 20. Rh3 Bg5 21. Rg1 $2 (21. Bxh7+ Kh8
22. Nf3 $18) 21... h6 22. Rxg5 hxg5 23. Bh7+ Kh8 24. Bd3+ Kg8 25. Bh7+ Kh8 26.
Bd3+ {½-½ (26) Smerdon,D (2531)-Carlsen,M (2857) Baku 2016 | Grosses Glück
für den Weltmeister.}) 7... Nbd7 {Ende Buch} 8. Bb5 $6 {Kein Fehler, aber
bestimmt stellt das keine nachahmenswerte Neuerung dar. Bevor man solche
Manöver wie Lb5 ausführt, gilt es stets zu überlegen, wie man denn auf die
Antwort ...a6 reagieren würde. Und wenn dieser Antwortzug keine Schwächung
der Stellung darstellt, was im vorliegenden Fall zutrifft, dann gibt es ja nur
den schmachvollen Rückzug oder einen u.U. unerwünschten Tausch. Was den
Portorose 68020 zu 8.Lb5 bewogen hat anstelle eines normalen Entwicklungszuges
wie 8.Ld3 oder 8.Le2, bleibt mir rätselhaft.} (8. Bd3 Be7 9. O-O O-O 10. Bf4
b6 11. Qe2 Bb7 12. Rad1 Qc8 13. Rfe1 a6 14. Ne5 b5 15. c4 Nxe5 16. dxe5 bxc4
17. Bxc4 Nd5 18. Bc1 Nb6 19. Bd3 c4 20. Bxh7+ $2 Kxh7 21. Qh5+ Kg8 22. Re3 Qc6
23. Rg3 Qe4 24. Be3 Qxc2 25. Bxb6 Be4 26. Rh3 Bh7 {0-1 (26) Salgado Lopez,I
(2628)-Svidler,P (2739) Caleta 2015}) 8... a6 {Richtig, damit wird dem Läufer
das Messer an die Brust gesetzt.} 9. Be2 {Nur äusserst ungern gibt man mit 9.
Lxd7+ Lxd7 das Läuferpaar auf. Mit seinem Rückzug bekennt sich Weiss
schuldig, dass sein vorhergehender Zug 8.Lb5 nicht das Gelbe vom Ei war.} Bd6 {
Die beste Entwicklungsmethode, wird damit doch das Zentralfeld e5 ein zweites
Mal unter Beschuss genommen. Nur schon deshalb verdient der Textzug vor 9...
Le7 den Vorzug. Auf der Diagonale b8-h2 steht der Läufer natürlich
grundsätzlich prächtig. Und wenn später die Dame nach c7 kommen sollte,
muss Weiss schon acht geben auf den Bauern h2. Es sind vielfach solche
Kleinigkeiten, die über Vorteil oder Gleichstand entscheiden. Und diverse
kleine Unachtsamkeiten können sich schon spielentscheidend auswirken.} 10. O-O
O-O 11. Bg5 Qc7 12. dxc5 Bxc5 13. Qd3 e5 14. Nd2 Be7 15. Qg3 Rd8 16. Rad1 Nc5
$15 {Diese Stellung befindet sich noch fast im Gleichgewicht.} 17. Bh6 {
Das Programm von Richard Lang verliert langsam den Faden. Weiss sollte
versuchen, die schwarze Überlegenheit im Zentrum zu neutralisieren.
Insbesondere geht es um die Beherrschung der Felder e4, f5 und d5. Zu diesem
Zweck war einleitend 17.Lf3 gefolgt von Se3 nützlich.} Ne8 18. Nc4 $2 {
Eine bedeutsame Ungenauigkeit, nach der es rapide abwärts geht.} ({Nur mit}
18. Bg5 Bxg5 19. Qxg5 Be6 {war noch Widerstand möglich, obwohl Schwarz auch
dann besser steht.}) 18... Be6 19. Bc1 $4 {Weiss bricht endgültig zusammen
und gerät durch eine wahrlich nicht schwer zu findende Kombination in eine
klar verlorene Stellung. Wir können den Patzer 19.Lc1? von Portorose 68020
noch immer nicht begreifen. Dabei tut nichts zu Sache, dass selbst die beste
Fortsetzung 19.Sxe5 f6 keine genügende Verteidigung mehr gewesen wäre.} Bxc4
20. Bxc4 Ne4 {Primitiver geht es fast nicht. Plötzlich sind die Dame g3 und
der Läufer c4 angegriffen. Die weisse Dame muss ziehen, hat aber keine
Möglichkeit, seinen Läufer zu decken. Dass das Programm von Richard Lang
eine simple Kombination über 5 Halbzüge nicht bemerkt, erstaunt doch sehr.}
21. Bxf7+ {Da der Läufer sowieso verloren geht, wird er wenigstens noch für
einen Bauern geopfert.} Kxf7 22. Qf3+ N8f6 23. Ne3 Kg8 24. Ng4 Rxd1 25. Nxf6+
Bxf6 26. Rxd1 Rd8 27. Rxd8+ Qxd8 {Schwarz ist es gelungen, viel Material zu
tauschen und hat derart dem Gegner alle potenziellen Angriffsmöglichkeiten
genommen.} 28. Qg4 (28. Qxe4 Qd1+ 29. Qe1 Qxe1# {wäre nett ... für Schwarz})
28... Bg5 29. Bxg5 Nxg5 30. h4 Nf7 {Der Rest ist nur noch eine Sache der
einfachen Technik.} 31. Qe4 Qd7 32. c4 Nh6 33. g3 Ng4 34. Kg2 Qd4 35. Qf3 {
Damentausch war natürlich chancenlos.} h5 36. Qd5+ $4 {Höchst erstaunlich:
Selbst in dieser aussichtslosen Stellung geht das Mephisto Gerät noch auf
Damentausch aus und nimmt sich damit jede Möglichkeit einer Schwindelchance
durch ewiges Schach mit der Dame.} Qxd5+ 37. cxd5 Nf6 38. Kf3 Kf7 39. a4 Nxd5 {
Jetzt hätte der Bediener mit 0:1 abbrechen können.} 40. Ke4 Ke6 41. Kd3 Nf6
42. f3 Kd5 43. b3 a5 44. Ke3 Nd7 45. Kd3 Nc5+ 46. Kc2 Kd4 47. g4 Ke3 48. gxh5
Kxf3 49. h6 gxh6 50. Kc3 {Weiss gibt auf} 0-1

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