Thema: Turnier: ChessGenius Exclusive AREA
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Alt 13.05.2019, 17:02
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AW: ChessGenius Exclusive AREA

Hallo Schachcomputer Freunde,

nun ist auch die letzte Partie absolviert. In der letzten Partie demonstrierte Hiarcs nochmals einen Königsangriff vom Feinsten. Aber seht selbst…


[Event "CGE AREA"]
[Site "?"]
[Date "2019.05.12"]
[Round "150"]
[White "Rev. II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB Hash"]
[Black "CGE & The King 2.61, 50 MHz"]
[Result "1-0"]
[ECO "B80"]
[Annotator "Rapp,Egbert"]
[PlyCount "76"]
[EventDate "2019.05.12"]

1. e4 c5 2. Nf3 e6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 d6 6. Be3 Nc6 7. f3 a6 8. Qd2
Be7 9. O-O-O O-O 10. g4 Nd7 11. h4 Nde5 12. Qg2 Nxd4 13. Bxd4 {Ende Buch} Nc6
14. Be3 b5 {Ende Buch. Es sind alle Voraussetzungen für eine spannende Partie
vorhanden. Gegensätzliche Rochaden, wessen Angriff wird am Königsflügel
zuerst Früchte tragen?} 15. h5 Bb7 16. Kb1 {! Hiarcs bringt seinen König aus
dem Gefahren-Berich der offenen c-Linie.} Bf6 {? dieser Zug muss bereits
kritisiert werden. Züge wie 16. ...Ta8-c8 kamen in Betracht.} 17. Ne2 h6 {
? hier war 17. ...Lf6-g5 eine bessere Alternative. Der Vorteil des Anziehenden
ist nun unverkennbar und dessen nächster Zug spielt sich quasi von selbst.}
18. f4 {was sonst?} Na5 19. Nd4 Nc4 {? nach wie vor war 19. ...Ta8-c8 die
bessere Wahl. Nach dem Textzug ist die Partie bereits für den King verloren.}
20. Bxc4 {eine bisher nicht entwickelte Figur tauscht einen gut postierten und
mehrfach gezogenen Offizier des Gegners ab.} bxc4 21. g5 hxg5 22. fxg5 Be5 {
[#] Hier gibt es kein Heilmittel mehr für Schwarz.} 23. h6 {23. g5-g6 ist
stärker, dennoch hat der King auch so kaum noch eine Chance.} Rb8 {?? hier
war jedoch 23. ...g7-g6 zwingend nötig. Ein taktischer Blackout des de Koning
Programms.} 24. hxg7 Bxg7 25. g6 fxg6 26. Qxg6 {der schwarze König ist
komplett entblößt.} Rf6 27. Qh7+ Kf7 28. Rdf1 {diesen Zug hatte der King gar
nicht auf seiner Rechnung?!} Qg8 29. Rxf6+ Kxf6 30. Qh4+ Kf7 31. Rf1+ Ke8 32.
Qh5+ Kd8 33. Qg6 Kc8 34. Rf7 Qxf7 {erzwungen.} 35. Qxf7 Bxd4 36. Bxd4 Bc6 37.
Qxe6+ Kc7 38. Qe7+ Bd7 {und der King ist des grausamen Spiels müde und gibt
auf. Es überraschte hier doch, wie der King die Gefahren des weißen
Königsangriffs unterschätzte und auch taktisch deutliche Lücken offenbarte.
Eine sehr starke Partie des Uniacke-Programms.} 1-0



Im direkten Duell zwischen den beiden Streithähnen ergibt dies folgenden Endstand nach 50 Partien:




Das CGE AREA Turnier ist nach 150 Partien Turnierschach zu Ende gegangen. Das Niveau der Partien war in Relation zur traditionellen Schachcomputer-Ära größtenteils ausgesprochen hochklassig. Es wurde auch deutlich, dass ein ChessGenius Exclusive mit einem Schachprogramm der „alten Schule“ nicht mehr gegen die starke Konkurrenz bestehen kann. Selbst gegen einen auf 50 MHz gedrosselten CGE mit The King 2.61 musste das Lang-Programm eine, wenn auch knappe Niederlage hinnehmen. Dennoch hat das Gerät keineswegs enttäuscht und konnte gerade dem zuvor erwähnten Programm von Johan de Koning das Leben manchmal richtig schwer machen. Gegen den gedrosselten Hiarcs 14.1 auf dem Revelation II hingegen gab es doch eine deutliche Niederlage. Aber auch gegen diesen sehr starken Gegner gab es den ein oder anderen schönen Sieg. In offenen, dynamischen Stellungstypen hat der ChessGenius Exclusive gegen die starke Gegnerschaft in diesem Turnier jedoch kaum eine Chance zu bestehen.

Im direkten Duell zwischen dem Revelation II Hiarcs 14.1, 1% gegen den auf 50 MHz gedrosselten CGE The King 2.61, zeigte das de Koning Programm trotz klarer Niederlage, nicht selten seine Klasse und Hiarcs wurde in einem Turnierschach-Vergleich erstmals gegen einen Schachcomputer richtig gefordert. Ein nur auf 100 MHz gedrosselter King 2.61 dürfte dann endgültig auf Augenhöhe mit der gedrosselten Hiarcs Engine auf dem Revelation II liegen. Und das ist beachtlich! Es besteht für mich kein Zweifel, dass es Johan de Koning gelungen ist, seine Engine 2.61 (lief damals im Chessmaster 6000) nochmals zu verstärken. Und was mindestens so wichtig ist, das Programm spielt ein ausgesprochen attraktives Schach. Die Programmversionen 2.20, bzw. 2.50 im TASC 30 reichen bei weitem nicht an die Leistungsklasse der King-Version auf dem ChessGenius Exclusive!


Und so so sieht die Punkteverteilung nach 150 Partien aus:



Wir rufen uns die abgegebenen Tipps in Erinnerung:

Jürgen tippte

1. CGE & The King: 65 Punkte
2. Revelation II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB Hash: 55 Punkte
3. ChessGenius Exclusive V. 23.1, 300 MHz: 30 Punkte

und erreicht damit den 3. Platz. (Abweichung 38 Punkte)

Wolfgang2 tippte:

1. Revelation II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB Hash: 58 Punkte
2. CGE & The King: 52 Punkte
3. ChessGenius Exclusive V. 23.1, 300 MHz: 40 Punkte

und landete hauchdünn auf dem 2. Platz (Abweichung 14 Punkte) hinter...

ich selbst (Egbert) tippte:

1. Revelation II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB Hash: 63 Punkte
2. CGE & The King, 50 MHz: 52 Punkte
3. ChessGenius Exclusive V. 23.1, 300 MHz: 35 Punkte

und lag damit hauchdünn vor Wolfgang2 (Abweichung 12 Punkte). Gar nicht so schlecht


Was mir in den 150 Turnierpartien aufgefallen ist:


ChessGenius Exclusive V. 23.1, 300 MHz:

+ überwiegend gute Eröffnungsbehandlung (klassische London Buch)
+ aufgrund des schnellen Prozessors taktisch gefährlich, andere können es aber noch besser…
+ solides Positionsspiel (alte Schule). Stark im Ausnützen von positionellen Schwächen des Gegners, z.B. gegen rückständige Bauern, Isolani, etc.
+ kann sich teilweise sehr zäh verteidigen
+ im Bereich der Turmendspiele hat Richard Lang das Programm verstärkt und so werden beispielsweise Motive wie Wegabschneidung im Gegensatz zum King richtig gut beherrscht.
+ ein Endspielgigant aus der Perspektive der Schachcomputer, auch wenn es den ein oder anderen Fehler gibt, der Wettkampf zeigte aber auch, dass es auch hier noch bessere Programme gibt

- manche Eröffnungsvarianten sollten aus dem aktiven Repertoire genommen werden (s. z.B. Partie 36, 40, 42). Gambits sorgen für den Anwender oftmals für willkommene Abwechslung. Bekanntlich tun sich unsere Schachcomputer jedoch meist schwer, mit den entstandenen Stellungen wirklich etwas anfangen zu können, also die Kompensation dann zielführend auszunützen. Zumindest sollten dann bei solchen aktiv gespielten Gambit-Eröffnungen, wie z.B. dem Königsgambit , Haupt- und Nebenvarianten in der Breite und Tiefe umfassend implementiert sein
- nach Verlassen des Buchs wird nicht selten die eigene Entwicklung der Figuren nicht dynamisch genug vorangetrieben
- generell wünscht man dem zur Passivität neigenden Programm ein wenig mehr Aktivität.
- auch wird tendenziell zu viel mit der Dame in der Eröffnungsphase gezogen
- eine weitere evidente Programmschwäche ist, dass nicht mit ausreichendem Nachdruck die eigene Rochade angestrebt wird. Dies wurde dem Programm in diesem Wettkampf einige Male zum Verhängnis, jedoch ist hier eine Verbesserung zum CGP erkennbar
- …damit einhergehend wird die eigene Königssicherheit nicht ausreichend berücksichtigt
- das Bewertungsschema ist „alte Schule“ und somit sehr Material-orientiert
- es gibt keine Algorithmen zur Vermeidung, bzw. in nachteiligen Stellungen zur Ausübung von Dauerschachs
- neigt zu verstärktem Abtausch-Verhalten, durchaus auch in Stellungen wo dieses Programmverhalten zum Nachteil führt
- trotz aus Schachcomputer Sicht überragendem Endspiel, fehlt einiges an Wissen


CGE & Element: The King 2.61, 50 MHz, aktiv:

+ gute und druckvolle Eröffnungsbehandlung
+ durch die druckvolle Spielweise werden schwächere Gegner bereits in ihrer Entwicklung behindert und Stellungsvorteile gesichert
+ versteht etwas von Königsangriffen
+ trotz erheblicher Drosselung der Geschwindigkeit auf 50 MHz verbleibt eine respektable taktische Stärke mit relativ wenigen Aussetzern. Dennoch ist in dieser Konstellation im Bereich der Taktik der CGE 23.1 mit vollen 300 MHz wohl etwas stärker.
+ sehr attraktiver Programmier- Ansatz, der stark auf Entwicklung und Raumgewinn ausgelegt ist
+ liebt es seinen Gegner die Bewegungsfreiheit zu nehmen
+ positionell solide, aber dem Genius kaum überlegen.
+ gute Behandlung von verbundenen Freibauern


- nicht selten wird ein Bauer ohne jegliche Kompensation geopfert
- neigt zu optimistischen Stellungsbewertungen
- in ruhigen Stellung, wo langfristige Planungen notwendig sind, schwächt sich das Programm nicht selten durch über-aktive Bauernzüge, welche die eigenen Bauernstrukturen schwächen. Da ist das Lavieren des Genius die bessere Option.
- Schwächen und laxer Umgang mit der eigenen Königssicherheit bleiben nicht verborgen
- das Endspiel ist insgesamt nicht schlecht, von Turmendspielen einmal abgesehen, aber selbst der Genius ist auf diesem Gebiet überlegen. Auch in Läufer-Endspielen ist der King dem Genius unterlegen. In reinen Bauernendspielen hingegen gibt der King ein besseres Bild ab.


Rev. II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB Hash:

+ sehr gute und druckvolle Eröffnungsbehandlung
+ durch die dynamisch druckvolle Spielweise werden schwächere Gegner bereits in ihrer Entwicklung behindert und anschließend vom Brett gefegt
+ positionell sehr stark, menschenähnlich planvoller Spielstil
+ ist in der Lage echte positionelle Opfer zu spielen!
+ die Engine „weiß“ um die Stärke eines Läuferpaars in offenen Stellungen
+ obgleich stark gedrosselt verbleibt eine ansehnliche taktische Spielstärke mit seltenen Blackouts
+ strategisch stark, „weiß“ eine Stellung zum richtigen Zeitpunkt zu öffnen
+ versteht eine Menge von Königsangriffen
+ trotz seltener Ausnahmen (es kann vorkommen, dass für einen Zug einfach zu viel Zeit verbraucht wird) ein gutes Zeitmanagement gegen einen schwächere Gegner (Schachcomputer).
+ ausgesprochen starke und intelligente Beschneidung der Suchbäume, dadurch werden sehr hohe Suchtiefen erreicht, welche nicht selten auch richtig greifen.
+ hervorragende Endspielfähigkeiten (hier noch etwas stärker als der CGE), auch wenn es im Bereich der Turmendspiele auch noch Verbesserungspotential gibt
+ sehr interessanter Programmier- Ansatz, der stark auf Raumgewinn und Druckausübung ausgerichtet ist


- neigt zu etwas optimistischen Stellungsbewertungen
- in seltenen Fällen kann es vorkommen, dass Hiarcs einen Bauern ohne ausreichende Unterstützung nach vorne treibt
- ab und an werden gegnerische (verbundene) Freibauern unterschätzt
- vereinzelt wird auch einmal ein Bauer ohne Kompensation geopfert, aber das gehört zum (Aktiv) Spielstil der Engine
- ist das Zeitmanagement gegen schwächere Programme insgesamt gut, wurde im Wettkampf gegen einen stärkeren Gegner wie The King 2.61 aktiv deutlich, dass das Programm nicht selten in Zeitnot gerät und dann selbst für relativ einfache Züge viel Zeit verplempert.

Der Wettkampf hat mir enormen Spaß bereitet, nicht zuletzt aufgrund Eurer sehr aktiven Beteiligungen in Form von Kommentaren, fundierten Analysen, Einschätzungen, Aufmunterungen, etc. Herzlichen Dank dafür!

Nach einer kurze Pause werde ich meinen Revelation II auf den Revelation II AE updaten. Damit wird das Betätigungsfeld noch umfangreicher. Es ist gut möglich, dass ich mich in nächster Zeit etwas ausführlicher mit Komodo 12 befassen werde, einem Programm dem man ja auch eine intelligente menschenähnliche Spielweise nachsagt. Und auch den King mit 300 Mhz möchte ich im Einsatz sehen.

Aber all das ist nur ein Aufwärm-Programm für ein wesentlich größeres geplantes Projekt, welches aber nur Leben eingehaucht bekommen kann, wenn Ruud liefern kann. Warten wir es ab

Gruß
Egbert
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