So, unser sommerlicher Kurzurlaub ist vorüber, und wieder hatten wir Schachcompis dabei

Wie letztes Jahr in Zandvoort durften sich wieder 4 Gerätchen glücklich schätzen, mit an Bord zu sein und ein Turnier auf Basis 30 Sek. pro Zug durchschnittlich zu spielen.
Mal wieder trieb es Cathi und mich Richtung Holland, wir übernachteten aber auf der deutschen Seite in Uelsen.
In der Hektik der Abreise griff ich dann doch tatsächlich zu den zwei Brüdern Sphinx Concerto und Krypton Regency. Trotzdem blieb – nicht nur aufgrund des Ergebnisses, sondern auch wegen des Spielstils – der Eindruck, dass da kleine Unterschiede existieren.
Um dies vorweg zu nehmen: Der Regency wirkte trotz gleicher Einstellungen der beiden Geräte (voreingestellter Spielstil, Level 53) manchmal zu unüberlegt forsch, der Concerto könnte eventuell etwas schneller getaktet sein. Auf jeden Fall war die Stellungsbewertung häufig stark unterschiedlich.
Außerdem nahm ich den klaren Turnierfavoriten Mephisto Modena (ein Dominator-Klon) und den schwer einschätzbaren Millennium Genesis mit.
Runde 1+2
Regency - Concerto: ½
Concerto - Regency: 1 - 0
Im „Bruderkampf“ folgte auf eine langweilige Partie mit 3maliger Stellungswiederholung ein deutlicher Sieg des Concerto. Interessant hier - wie oben beschrieben - die starken Abweichungen in der Stellungsbewertung.
Modena - Genesis: 1 - 0
Genesis - Modena: 0 - 1
Im Ergebnis so erwartet, enttäuschte der Genesis doch aufgrund der Deutlichkeit. Der Modena ließ keine Zweifel aufkommen, dass der Turniersieg nur über ihn führt.
Runde 3+4
Genesis - Concerto: ½
Concerto - Genesis: 1 - 0
Eine tolle Begegnung! In der 1. Partie hielt der Genesis im Endspiel mit T+B gegen D remis (was für ihn ja keine Selbstverständlichkeit ist), in der 2. Partie gab der Concerto mit Weiß seinen Springer für ein Zentrumsbauernpaar – einfach genial!
Regency - Modena: 0 - 1
Modena - Regency: 0 - 1
Schon in der 1. Partie hatte der Regency vorübergehend 2 Mehrbauern, vergeigte allerdings die Siegchance. 3 Siege nach 3 Partien sollten doch eigentlich schon mehr als die halbe Miete für den Modena gewesen sein. 3 Punkte gegen 0,5 Punkte bisher ne klare Sache, oder? Denkste. Denn in der 2. Partie verwandelte der Regency das Endspiel T+2B gegen L+2B mit traumhafter Sicherheit zum verdienten Sieg.
Pl. Name S U N Pkt. Wertung
1. Concerto 2 2 0
3,0 3,0
2. Modena 3 0 1
3,0 2,5
3. Regency 1 1 2
1,5 4,5
4. Genesis 0 1 3
0,5 1,5
Damit folgende Ausgangssituation vor der Schluß-Doppelrunde:
Der Concerto befindet sich in der deutlich besseren Lage, da sein besseres Ergebnis gegen den Regency den Ausschlag geben sollte und nicht damit zu rechnen ist, dass der Genesis 1,5 Punkte gegen den Regency holt. 1 Punkt sollte dem Concerto gegen den Modena also eigentlich reichen.
Runde 5
Concerto - Modena: ½
Der Concerto konnte 2mal einen verlorenen Bauern zurückerobern, dann gab´s die 3fache Stellungswiederholung.
Regency - Genesis: 0 – 1
Sah lange nach remis aus, doch dann konnte der Genesis seinen g-Bauern umwandeln. Erneut gute Endspielbehandlung.
Spannender geht´s nicht, alle Entscheidungen vertagt. Auch die überraschende Stärke des Genesis sorgt für neue Rechenspiele.
Pl. Name S U N Pkt. Wertung
1. Concerto 2 3 0
3,5 6,25
1. Modena 3 1 1
3,5 6,25
3. Regency 1 1 3
1,5 5,25
4. Genesis 1 1 3
1,5 3,25
Runde 6
Modena – Concerto: 0 – 1 (Partie siehe unten)
Eine klasse Partie, tolles Finale! Wer so spielt, hat den Turniersieg auch verdient.
Genesis – Regency: 0 – 1
Der Genesis verspielte seine überraschende Chance auf den 3. Platz schon in der Eröffnung. Sein legendärer, regelmäßiger Versuch, mit dem Orang-Utan (1. b4) den Gegner zu beeindrucken, endete wie in bisher allen Partien, die ich mit ihm gespielt habe, im schnellen Desaster. Hier hat Chrilly - mit Verlaub - dem Genesis, der selbst meist schon im 2. Zug nicht weiß, wie er nach 1. b4 fortsetzen soll, Blödsinn einprogrammiert.
Der Endstand (S-U-N, Punkte):
1. Sphinx Concerto 3 3 0 4,5
2. Mephisto Modena 3 1 2 3,5
3. Krypton Regency 2 1 3 2,5
4. Millennium Genesis 1 1 4 1,5
Fazit:
Der Genesis ist zwar selbstverständlich die stärkste Millennium-Kreation, wird aber wohl immer noch ELO-mäßig überschätzt. Könnte am Eröffnungsbuch liegen… Trotzdem würde ich ihn natürlich NIEMALS hergeben

Positiv überrascht hat mich der Regency. Wäre er manchmal etwas ruhiger gewesen (wie der Concerto), wäre er noch etwas stärker. Auf jeden Fall aber ein Schachcompi, der in meinen Augen recht interessant – gerade für den durchschnittlichen menschlichen Gegner! – spielt. Die Einstellbarkeit der verschiedenen Spielstile ist hier ein tolles Feature.
Der favorisierte Modena ist nach super Start eingebrochen. Ihm fehlt etwas die Konstanz. Aber das ist ja wohl bei Morsch so…
Modena und Regency sind überdies Computies, die meist für wenig Geld auf ebay zu haben sind. Der Modena ist und bleibt DIE interessante Alternative für diejenigen Sammler, die sich einen Dominator nicht leisten können oder wollen bzw. diesen einfach nicht finden. Ein bisschen fehlt mir da das Argument für den großen Preisunterschied.
Und jetzt der Concerto:
6 Partien ohne Niederlage (gegen jeden Gegner je 1 Sieg und 1 Remis), ruhiges überlegtes Spiel, aber auch mal aggressiv, wenn es angesagt ist. Auf jeden Fall der verdiente Turniersieger!
Und jetzt noch die
Finalpartie Mephisto Modena – Sphinx Concerto:
1.Sf3 d5 2. c4 e6 3. g3 Sf6 4. Lg2 Le7 5. 0-0 0-0 6. b3 b6 7. Lb2 Lb7 8. cxd exd 9. Dc2 c5 10. Sg5 Sbd7 11. Sc3 h6 12. Sc3xd5 LxSd5 13. LxLd5 h6xSg5 14. LxTa8 DxLa8 15. b4 cxb 16. Tfc1 Dd5 17. e3 Tfe8 18. h3 Sf6e4 19. d3 Se4f6 20. e4 De6 21. Kh2 g4 22. h4 Sd7e5 23. Kg2 a6 24. d4 Se5g6 25. e5 Sf6d5 26. h5 Sf8 27. Dd2 Df5 28. h6 Lg5 29. Dc2 Df3+ 30. Kg1 LxTc1 31. h7+ Sxh7 32. Dxc1 Sc3 33. Df1 bei gleichzeitiger Aufgabe („RESGN“) durch den Modena.
Schachcomputer dürfen im Urlaub einfach nicht fehlen.
Oder???
Gruesse
Steffen