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  #70  
Alt 09.01.2019, 16:58
Hartmut Hartmut ist offline
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AW: Elo Einschätzung der älteren Schachcomputer!

Hallo Frank

Zuerstmal meine allerbesten Glückwünsche zu Deinem 70. Echt? Schon 70? Ich hab Deine Seiten und Deine Forenposts ja nun schon viele Jahre verfolgt und immer wieder genossen und irgendwie war ich auf dem Trichter dass Du in etwa mein Alter hast... aber du bist mir 54jährigem Jungspund tatsächlich noch voraus... lach

 Zitat von Frank Quisinsky Beitrag anzeigen
Einer noch ...

Es war als der Super Forte A das Licht erblickte.
Brauchte das Teil schnell und hatte Zeit.
Fuhr von Neuss mit dem Zug nach Köln zu Schach Niggemann. Dort stand der nun und ich wurde so halbwegs gut beraten (dachte ich erst). Brauchte den Super Forte A für ein Schachcomputer Turnier, so habe ich echte 2.100 Elo Power im Turnier drin, die Denke. Niggemann schaute mich an und sagte, eine gute Wahl aber wenn Du 1.800 Elo ansetzt passst das besser.

Ich war empört und wies auf die Ratinglisten hin, die es gab.

...
Naja... man darf eines nicht vergessen. Die Elo 2100 waren damals je nach Lust und Laune an vielem gemessen. Die einen gaben in der Werbung amerikanische Elowerte an (die mit den FIDE-Werten meist nur wenig gemein hatten), was dann natürlich bei vielen Käufern auch Enttäuschungen hervorrief. Die anderen bezogen sich auf SSDF-Listen und auch hier gab es Ungenauigkeiten. Letztlich darf man nicht vergessen, dass die Computer nichts dazulernen, die Menschen aber schon.

Wenn heute jemand mit ELO 2300 eine Partie ansieht, die irgendein IM mit ebenfalls Elo 2300 in den 80ern gegen einen Computer verloren hat, wird er vermutlich aus dem Lachen nicht mehr herauskommen. Eine Elo von 2300 in den 80ern hatte eine völlig andere Qualität als eine ELO 2300 heute. Damals haben bei den Aegon-Turnieren tatsächlich gestandene Großmeister gegen unsere Bretties verloren (z.B. David Bronstein gegen einen Mephisto 68030 beim AEGON 1990 oder Roberto Cifuentes beim AEGON 1992 ebenfalls gegen einen 68030 Mephisto). Nun, ich spiele öfter gegen die 68030er von Mephisto und bin dann normalerweise auf Turnierstufe auf Augenhöhe mit diesen Geräten. Bin ich nun so gut wie Bronstein oder Cifuentes? Wahrscheinlich eher nicht. Ich spiele nur anders, ich kenne eine weit neuere Eröffnungstheorie, ich vermeide Varianten die damals gang und gäbe waren und heute widerlegt sind. Und ich spiele zwar kein bestimmtes Anti-Computer-Schach aber man kann in einem Spiel gegen einen Gegner den man kennt dessen Schwächen eben nun mal nicht komplett ausblenden. So werde ich ganz automatisch gegen einen Gegner der taktisch nicht so gut ist taktisch spielen und gegen einen Gegner der positionelle Schwächen hat eben solche Varianten gezielt wählen.

Der Unterschied zwischen Bronstein, Cifuentes und mir ist einfach dass die ihren Gegner nicht kannten, ich jedoch schon. Was für die ein unbekanntes Terrain war ist für mich ein bekannter Gegner. Was für sie spielbare Varianten waren, sind heute Varianten die man fast schon als Eröffnungsfalle sehen kann. Ich habe eben eine Partie zwischen Mephisto Polgar und Fidelity Designer 2000 Display beobachtet in der der Designer nach 13 Zügen absolut platt stand, in einer Variante die im Jahre 1978 genauso wie vom Designer auch von Schachgrößen wie Ljubojevic (damals ELO 2600) gespielt wurde. Würde heute ein Spieler mit ELO 2600 diese Variante gegen mich spielen würde ich höchstwahrscheinlich gewinnen, wenngleich ich von so einem ELO-Wert Lichtjahre entfernt bin

Was ich sagen will ist: Man muss eine ELO-Zahl nicht nur in Verbindung mit dem Pool sehen aus dem sie gewonnen wurde (wie in meinem letzten Post beschrieben) sondern auch der Zeitgeist spielt eine Rolle. Die Geräte hatten damals teilweise wirklich Elo-Zahlen von 2200 und mehr gemessen am damaligen Können der menschlichen Spieler, während wir Ihnen mit unserem heutigen Wissen und der heutigen Spielweise kaum mehr als vielleicht 1900 zugestehen könnten.

Daran würde auch ein Punktesystem - wie von DIr vorgeschlagen - nichts ändern. Hätte man ein solches System in den 80ern eingeführt, so wäre es heute genausowenig aktuell wie die ELO-Werte der 70er und 80er Jahre. Und führt man es heute ein, so wird es in 20-30 Jahren auch nicht mehr taugen.

Nun feier aber erstmal schön und lass es Dir gutgehen. Man hat nicht jeden einen runden Burzeltag.

Hartmut
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Mein Profil beim ICCF (International Correspondence Chess Federation)
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