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Alt 14.02.2017, 08:36
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Egbert Egbert ist offline
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AW: ChessGenius Pro in der Turnierschacharena

Guten Morgen Schachcomputer Freunde,

der 6. Wettkampf (ChessGenius Pro Turnierschach) ist beendet. Über die 20. Partie habe ich ja bereits ausführlich berichtet.

Somit lautet das Endergebnis:

ChessGenius Pro: 3
Rev. II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB Hash: 17


Leider gab es nur zwei Prognosen zum Wettkampfergebnis, vermutlich hatten einige von Euch Schwierigkeiten die Spielstärke der gedrosselten Hiarcs Engine einzuschätzen, Solwac und ich übrigens auch. An sich sollte ich über unsere beiden Prognosen auch den Mantel des Schweigens legen, aber gut…bleiben wir bei der Wahrheit. Meine Wenigkeit tippte 6:14 und Solwac 7,5:12,5, jeweils aus Sicht des CGP.

Die Eröffnungsphasen verliefen in diesem Match überwiegend ausgeglichen (bis zum jeweiligen Buchende), obgleich die Hiarcs Engine oftmals länger im Buch blieb. Nach Verlassen der Eröffnungsbibliothek zeigte dann aber Hiarcs eindrucksvoll wie gut es das Programm versteht, sich zügig und dynamisch druckvoll zu entwickeln. Diese Spielweise deckte evidente Programmschwächen des CGP schonungslos auf. In 9 von 20 Partien kam der CGP nicht zur Rochade!

Das Endergebnis des Wettkampfs hat wohl in dieser Deutlichkeit alle überrascht. Doch das Resultat entspricht dem tatsächlichen Kräfteverhältnis. In allen Phasen der Partie ist die gedrosselte Hiarcs 14.1 Engine dem CGP klar überlegen. Positionell und taktisch bestehen Klassen Unterschiede und selbst im Endspiel, der eigentlichen Domäne des CGP, ist die Engine von Mark Uniacke überlegen.

Was mir in den 20 Turnierpartien aufgefallen ist:

Rev. II Hiarcs 14.1, 1% Speed, 4 MB hash:


+ sehr gute und druckvolle Eröffnungsbehandlung
+ positionell sehr stark, menschenähnlich planvoller Spielstil
+ durch die dynamisch druckvolle Spielweise werden schwächere Gegner bereits in ihrer Entwicklung behindert und anschließend vom Brett gefegt
+ ist in der Lage echte positionelle Opfer zu spielen!
+ strategisch stark, „weiß“ eine Stellung zum richtigen Zeitpunkt zu öffnen
+ versteht eine Menge von Königsangriffen
+ langzügigen Mattansagen sind keine Seltenheit
+ trotz seltener Ausnahmen (es kann vorkommen, dass für einen Zug einfach zu viel Zeit verbraucht wird) ein gutes Zeitmanagement
+ trotz erheblicher Drosselung der Geschwindigkeit auf dem Rev. II verbleibt eine hohe taktische Stärke
+ hervorragende Endpielfähigkeiten (noch stärker als der CGP)
+ ausgesprochen starke und intelligente Beschneidung der Suchbäume, dadurch werden sehr hohe Suchtiefen erreicht, welche nicht selten auch richtig greifen.
+ sehr interessanter Programmier- Ansatz, der stark auf Raumgewinn und Druckausübung ausgerichtet ist


- neigt zu etwas optimistischen Stellungsbewertungen
- es kann vorkommen, dass die Engine für einen Zug zu viel Zeit benötigt, welche später fehlen kann (s. Partie 12, 22. Zug- 57 Minuten!)



ChessGenius Pro:

+ überwiegend gute Eröffnungsbehandlung (London Buch)
+ aufgrund des schnellen Prozessors taktisch gefährlich, andere können es aber noch besser…
+ ein Endspielgigant aus der Perspektive der Schachcomputer, auch wenn es den ein oder anderen Fehler gibt, der Wettkampf zeigte aber auch, dass es auch hier noch bessere Programme gibt
+ dass das Gerät trotz permanenter „Überlastung“ keinen dauerhaften elektronischen Schaden davon getragen hat

- Nach Verlassen des Buchs wird nicht selten die eigene Entwicklung der Figuren nicht dynamisch genug vorangetrieben
- eine weitere evidente Programmschwäche ist, dass nicht mit ausreichendem Nachdruck die eigene Rochade angestrebt wird. Dies wurde dem Programm in diesem Wettkampf unzählige Male zum Verhängnis
- …damit einhergehend wird die eigene Königssicherheit nicht ausreichend berücksichtigt
- trotz aus Schachcomputer Sicht überragendem Endspiel, fehlt einiges an Wissen


Aus meiner Sicht dürfen auch durchaus Emotionen beim Schach im Spiel sein. Daher mache ich kein Hehl daraus, dass ich vom Spielstil der Hiarcs Engine schlichtweg begeistert bin. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich die Hiarcs Engine selbst einem Wettkampf unterziehen, im Moment fehlen mir noch ausreichend geeignete Gegner. Spätestens wenn Revelation III auf den Markt kommen wird, wird sich dies ändern.

Der nächste Gegner des ChessGenius Pro mit dem London Eröffnungsbuch wird der Revelation II Novag Super Forte C, select 7 mit 36 MHz sein. Ich tippe hier auf ein 14:6 für den ChessGenius Pro. Für mich selbst wird interessant zu sehen sein, wie das Programm von Dave Kittinger auf dem Rev. II mit 36 MHz skaliert und wie sich die Einstellung „select 7“ auswirken wird (Standard = 5). Ich kann mich noch gut an einen Beitrag von Thorsten in Computerschach & Spiele erinnern, in welchem er sich diesem Programm widmete und zu einem (vielleicht etwas zu) positiven Urteil gekommen war. Dennoch, dass Programm ist sehr interessant. Es würde mich sehr freuen, wenn es wieder mehr Prognosen Eurerseits zu diesem Wettkampf geben würde, das erhöht die Spannung.

Ich kann mich nur wiederholen, vielen Dank an alle für Euer reges Interesse, für die Beiträge und Analysen zu den Partien.

Gruß
Egbert
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Dateityp: pgn ChessGenius Pro vs Hiarcs 14.1_1%Speed_4 MB Hash_ Partien_1 bis_20.pgn (38,7 KB, 45x aufgerufen)
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RetroComp (14.02.2017), Wolf 21 (14.02.2017)