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Alt 22.01.2014, 23:45
SörenH SörenH ist offline
Mephisto III
 
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AW: II.Gemischtes Turnier der unteren und mittleren Klasse

Hallo, noch kurz zur Auflösung der Stellungspartie zwischen Mephisto Super Mondial - Battle Chess 4000. Nach 22. ... Kf8 ist der beste Weg den Angriff fortzusetzen mit 23.c5! Entweder die Dame bewegt sich, was aber mit ihrem Verlust verbunden ist (23. ... Dd5 24.Lc4) oder es kommt das Matt (23. ... Dd7 24.Lh7 nebst 25.Dg8 matt). Oder der Springer opfert sich auf c5, was auch nur Aufschub bringt.

Eine Partie aus der ersten Runde möchte ich noch hervorheben, und die gesamte Notation posten.

[Event "II.Turnier - Aktivschach"]
[Date "2014.01.05"]
[Round "1"]
[White "Rival 1.5 (486 DX-100)"]
[Black "RFT Chess-Master"]
[Result "1/2-1/2"]
[ECO "B06"]
[PlyCount "128"]

1. e4 g6 2. d4 Bg7 3. Nf3 d6 4. Nc3 Nc6 5. d5 Bxc3+ 6. bxc3 Ne5 7. Nxe5 dxe5 8.
Bb5+ Bd7 9. Bxd7+ Qxd7 10. Rb1 Nf6 11. Qf3 c6 12. c4 O-O {Chess-Master kommt
nach seinem passivem Königsfianchetto immer besser in die Partie hinein. Aber
gegen den viel "schnelleren" Rival sollte er doch eigentlich keinen Stich
sehen....} 13. a4 $2 {....trotzdem spielt Rival 1.5 einen sehr unmotivierten
Bauernzug, der ihm sogar Material kostet.} cxd5 14. exd5 Qxa4 {Vielleicht wäre
das Besetzen der halboffnen c-Linie noch effektiver gewesen, aber wer will es
Chess-Master verdenken, erstmal den schnellen Gewinn mitzunehmen.} 15. d6 $6 {
Rival setzt seine seltsamen Bauernzüge fort.} Qxc2 16. Qxb7 $2 (16. dxe7 {wäre
eigentlich besser gewesen} Qxb1 17. exf8=Q+ Rxf8 18. O-O Qb6 {und Schwarz wäre
mit einem zweiten Bauern im Plus.}) 16... exd6 17. Bg5 Ne4 $1 18. Bh6 $2 {Die
weißen Figuren stürmen nach vorne, ohne an den eigenen König zu denken. Bei
richtiger Spielweise von Schwarz könnte die Partie jetzt sehr schnell zu Ende
sein.} Qxf2+ 19. Kd1 Nc3+ 20. Kc1 Nxb1 21. Bxf8 Rxf8 $6 (21... Na3 {Das wäre
noch besser, es droht erstmal einzügig Matt, so dass Weiß erstmal zurückkommen
muss.} 22. Qb3 Rb8 $1 {und jetzt brennt es gleich lichterloh} 23. Qxa3 Qf4+ 24.
Kc2 Qe4+ 25. Kc1 Rb1+ 26. Kd2 Qxg2+ 27. Kc3 Qf3+ 28. Kc2 Qxh1 $19) 22. Kxb1
Qf5+ 23. Kb2 Qf2+ {Nicht ganz optimal im weiteren Verlauf, aber soweit kann
Chess-Master halt nicht denken.} (23... Qc8 24. Qd5 Qa6 25. Qb5 {erzwungen,
sonst droht vernichtend Rb8} Qxb5+ 26. cxb5 Rb8 $19) 24. Kb1 Qf5+ 25. Kb2 e4 $1
{Gut in zweierlei Hinsicht. Zum einen gerät der Chess-Master nicht mit 25. ...
Qf2+ usw. in eine Endlosschleife. Zum anderen verschafft der Bauernvormarsch
dem Weißen noch weitere Probleme an den Hals.} 26. Qxa7 Qe5+ 27. Kb3 e3 28. Re1
Qxh2 $6 {Eigentlich kein guter Tausch. Auch wenn Schwarz zwei Bauern (g+h) für
einen erhält, war es besser, Pe3 mit 28. ... Re8 zu halten.} 29. Rxe3 Qxg2 30.
Qc7 Qd2 31. Re7 {Eigentlich steht der RFT Chess-Master überlegen. Er hat all
seine Bauern am Königsflügel behalten und müsste sie nur marschieren lassen
und gleichzeitig kann er immer Druck gegen den weißen König machen. Doch der
Schachcomputer aus der ehemaligen DDR tut sich trotzdem schwer.} Qd3+ 32. Kb2 Qd4+ 33. Kb1
h5 (33... Ra8 {ist effektiver, aber opfert kurzzeitig einen Bauern.} 34. Rxf7 {
Nur mit 34.Qa7 kann Weiß das Matt hinauszögern.} Ra1+ 35. Kc2 Ra2+ 36. Kb3 Qb2#
) 34. Kc1 Qc5 {Auch hier bot sich Ra8 an. Aber die Dame zum Abtausch
anzubieten, ist auch nicht so dumm. Es mindert erheblich die Gefahr, gegen D+T
in ein Mattkonter zu kommen.} 35. Qxc5 dxc5 36. Rc7 Rd8 $6 {Das ist eigentlich
zu umständlich. 36. ... h4 hätte schnell zur Dame geführt. Aber auf dem Niveau
fehlt leider das nötige Wissen in solchen Endspielen inklussive Quadratregel.}
37. Rxc5 Rd4 38. Kc2 f5 $2 {Schwarz hat eigentlich bis jetzt noch keinen
groben Schnitzer gemacht. Auch dieser Zug gibt den Sieg noch nicht aus den Händen. Aber Schritt für Schritt kann Weiß auf ein kleines
Wunder hoffen.} (38... h4 39. Rc8+ Kg7 40. Re8 Rxc4+ 41. Kd3 Rg4 42. Ke3 h3 43.
Kf3 Rg1 44. Kf2 h2) 39. Rc8+ Kf7 40. Kc3 Re4 41. Rd8 Ke6 42. Re8+ (42. c5 Ke7
43. Rg8 Re6) 42... Kd6 43. Rxe4 $2 {Rival lenkt in ein verlorenes
Bauernenspiel ein, ABER mit dem c-Freibauern hat er noch einen ganz schmalen
Strohhalm in der Hand.} fxe4 44. Kd4 {Ja, der e-Bauer geht flöten, aber die
freien g- und h-Bauern reichen völlig aus.} h4 45. Kxe4 h3 46. Kf3 Kc5 $4 {
Der vorherige Zug war kein Fehler, denn Chess-Master ist mit 46. ... g5 auf
der Siegerstraße. Aber nur mit diesem Zug! Es fehlt einfach das Verständnis
für das Bauernendspiel, gerade bei verbundenen Freibauern.} 47. Kg3 Kxc4 48. Kxh3 {Dieses
Bauernendspiel ist Remis, weil Schwarz nicht mehr vor seinen Bauern kommt.} Kd5
49. Kh4 Ke6 50. Kg5 Kf7 51. Kg4 {Hier beherrscht Rival die Einhaltung der
Opposition.} Kf6 52. Kf4 g5+ 53. Kg4 Kg6 54. Kg3 Kf5 55. Kf3 g4+ 56. Kg3 Kg5
57. Kg2 Kf4 58. Kf2 g3+ 59. Kg2 Kg4 60. Kg1 Kf3 61. Kf1 Ke4 62. Kg2 Kf4 63. Kg1
Kf3 64. Kf1 Ke4 1/2-1/2


Es sei noch erwähnt, dass Chess-Master auf Level 2 spielte, aber seine 30 Sekunden selten voll ausschöpfte. Hervorzuheben ist aus der Partie die kritische Stellung im Bauernendspiel. Nach 45.Kxe4 hat Schwarz noch viele Gewinnwege. Selbst 45. ... h3 ist okay, aber nur wenn danach auch 46. g5 nebst g4 folgt.



Aber hier zeigt sich auch, wie Chess-Master "denkt". Wenn die Rechentiefe nicht ausreicht, die Partie bis zur Damenumwandlung durchzurechnen, dann muss er sich Teilziele setzen, um seine Stellung zu verstärken. Ich könnte mir vorstellen, dass Schachprogramme dieser Art nach folgender Prioritätsliste vorgehen.
  1. Wandle den Bauern in eine Dame um
  2. Wenn das nicht geht, dann versuche Bauern zu gewinnen
  3. Wenn das nicht geht, dann versuche keine eigenen Bauern zu verlieren
  4. Wenn das nicht geht, dann ziehe deinen vordersten Bauern einen Schritt vor

In dieser Stellung sieht Chess-Master noch nicht, wie die Damenumwandlung stattfinden soll, weil momentan der weiße König den h-Bauern abfangen kann. Zwingend gewinnen (nach wenigen Halbzügen) kann er den Bauern c4 auch nicht. Also scheint die beste Wahl zu sein, einen Bauern auf die 3.Reihe zu stellen. Das g6-g5 ein stabileres Bauernduo erzeugt, ist hier nicht maßgebend.

Nach 45. ... h3 46.Kf3 entsteht folgende Stellung:



Jetzt führt nur 46. ... g5 zum Gewinn. Das er sich für 46. ... Kc5 entschied, könnte daran liegen, dass er einen Bauernverlust vermutete und wenigstens den c-Bauern abkassieren wollte. Es kann gut sein, dass er 46. ... g5 nicht spielte wegen 47.Kg3 g4 48.Kxg4 und das anschließende 48. ... h2 49.Kg3 h1D schon außerhalb des Rechenhorizonts lag.

Ich habe anschließend getestet, ob er die letzten beiden Züge in allen Leveln zieht. Lustigerweise entschied er sich bei Level 0 tatsächlich für 45. ... g5 und auch für 46. ... g5. Er hatte dann das g+h Bauernpaar und gewann noch den c-Bauern. ABER auf Level 0 zog er seinen König im Zentrum nur noch hin und her und hatte keinen Plan, wie er seinen Bauern helfen konnte. Auf Level 1 bis 5 spielte er aber jeweils 45. ... h3 und 46. ... Kc5?? Also selbst die hohe Rechentiefe half nicht weiter. Vielleicht war die Zugauswahl schon so selektiv, dass 45. ... g5 schnell herausfiel. Eine Endspielstellung, die man vielleicht auch anderen "schwächeren" Programmen zeigen sollte.
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