Match 120'/40 | Bediener: Rolf Bühler | 34. Partie: Weiss (Excellence) gewinnt | Zwischenstand: 21,5-12,5 (63,2%) für den Fidelity Excellence | Aus dem klassischen Damengambit entwickelt sich eine gute und ausgeglichene Partie. Der schreckliche Fehler 21...Lf5?? seitens der CXG Sphinx Legend führt direkt in die Katastrophe. Weiss findet zwar nicht den einfachsten Gewinnweg. Das spielt allerdings keine Rolle, weil der Gegner seine Verteidigungsressourcen nicht auszuschöpfen vermag. Diese Kurzpartie nehme ich deshalb zum Anlass, um theoretisches Wissen zum klassischen Damengambit zu vermitteln, wobei ich mit Staunen zur Kenntnis nehmen durfte, dass die Analysen von Ex-Weltmeister Dr. Max Euwe aus dem Jahre 1957 fast durchwegs auch heute noch gut brauchbar sind.
[Event "120'/40+60'/20+30'"]
[Site "Zürich"]
[Date "2022.??.??"]
[Round "34"]
[White "Fidelity Excellence 6 MHz"]
[Black "CXG Sphinx Legend"]
[Result "1-0"]
[ECO "D69"]
[WhiteElo "1838"]
[BlackElo "1816"]
[Annotator "KUT/Euwe"]
[PlyCount "57"]
[EventDate "2022.??.??"]
1. d4 d5 {Match 120'/40 | Bediener: Rolf Bühler | 34. Partie: Weiss
(Excellence) gewinnt | Zwischenstand: 21,5-12,5 (63,2%) für den Fidelity
Excellence | Aus dem klassischen Damengambit entwickelt sich eine gute und
ausgeglichene Partie. Der schreckliche Fehler 21...Lf5?? seitens der CXG
Sphinx Legend führt direkt in die Katastrophe. Weiss findet zwar nicht den
einfachsten Gewinnweg. Das spielt allerdings keine Rolle, weil der Gegner
seine Verteidigungsressourcen nicht auszuschöpfen vermag. Diese Kurzpartie
nehme ich deshalb zum Anlass, um theoretisches Wissen zum klassischen
Damengambit zu vermitteln, wobei ich mit Staunen zur Kenntnis nehmen durfte,
dass die Analysen von Ex-Weltmeister Dr. Max Euwe aus dem Jahre 1957 fast
durchwegs auch heute noch gut brauchbar sind.} 2. c4 e6 3. Nf3 Nf6 4. Bg5 Be7
5. Nc3 O-O 6. e3 Nbd7 7. Rc1 c6 8. Bd3 dxc4 9. Bxc4 Nd5 10. Bxe7 Qxe7 11. O-O
Nxc3 12. Rxc3 e5 {Dazu schreibt Dr. Max Euwe auf Seite 12, Teil I seiner
"Theorie der Schacheröffnungen": Die charakteristische Stellung im Hauptspiel
des orthodoxen Damengambits. Schwarz hat seinen seine Entwicklung hindernden
Königsbauern von e6 vorgezogen, vermied die Isolierung seines Damenbauern und
vergrösserte seine Bewegungsfreiheit durch den Abtausch von zwei leichten
Figuren. Jetzt kann er in zwei weiteren Zügen - einen mit seinem
Königsbauern und einen mit seinem Springer - seinen Damenläufer zur
Entwicklung bringen und somit scheinen die Verteidigungsprobleme gelöst zu
sein. Die möglichen Wege, mit denen Weiss versuchen kann, die vollständige
Befreiung des Spiels von Schwarz zu verhindern, werden wir wie folgt behandeln:
} 13. dxe5 ({A)} 13. e4 {Um nach dem Abtausch des Damenbauern mit der
Bauernmehrheit auf dem Königsflügel zu operieren. Dieser Versuch führt
jedoch zu nichts.} exd4 14. Nxd4 Ne5 15. Bb3 c5 16. Ne2 Nc6 {Die Chancen sind
ungefähr gleich (Analyse von Pachmann).}) ({B)} 13. d5 {Ein unternehmender
Plan, der jedoch die Lage nicht zu schwer für Schwarz macht, wenn er auch
energisch spielen muss.} e4 $1 14. Nd4 c5 $1 15. Nf5 Qe5 16. Ng3 Nf6 {Es gibt
viele Möglichkeiten in dieser Stellung, aber die Chancen sind ziemlich gleich.
}) ({C)} 13. Re1 {Ausschliesslich gegen 13...e5xd4 gerichtet.} e4 $1 14. Nd2
Kh8 15. Qb1 f5 {Die Parteien stehen gleich.}) ({D)} 13. Bb3 {In Erwartung des
folgenden Angriffes durch ...Sd7-b6.} exd4 14. exd4 Nf6 15. Re1 Qd6 {Schwarz
steht vollkommen befriedigend (Analyse von Pachmann).}) ({E)} 13. Qc2 {Diese
Fortsetzung ist hauptsächlich gegen das Schlagen auf d4 gerichtet.} e4 {
Diese Abschliessung des Zentrums ist geradezu fast erzwungen, obwohl es noch
fraglich ist, ob Schwarz auf diese Weise vollkommen gleiches Spiel erreichen
kann. 13...exd4 14.exd4 öffnet die Stellung, so dass Weiss allerhand
Angriffschancen bekommt. ANMERKUNG KUT: Interessanterweise favorisieren die
heutigen Engines trotz allem 13...exd4 usw.} ({Dragon 3.1 by Komodo Chess
64-bit:} 13... exd4 14. exd4 Nb6 15. Re3 Qd8 16. Bb3 Nd5 17. Re5 h6 18. Bxd5
cxd5 19. h3 Be6 20. g4 Rc8 21. Qb3 Qf6 22. Kg2 Rc4 23. Rd1 Rfc8 24. Rd2 b6 25.
Qe3 Rc1 26. Ne1 Ra1 27. Nd3 Rxa2 28. Nf4 Rc6 29. Nxd5 Bxd5+ 30. Rxd5 Re6 31.
Re5 Ra5 32. f4 {0.29/35}) 14. Nd2 Nf6 15. Rc1 Bf5 16. a3 Rad8 17. b4 a6 18. Bb3
Rfe8 19. Rc5 $14 {Weiss steht besser 1-0 (50) Pirc,V-Germek,M Ljubljana 1947})
({F)} 13. Qb1 {Diese Fortsetzung richtet sich gegen den Tausch auf d4 und
gegen den Vormarsch des Bauern nach e4.} exd4 14. exd4 Nb6 15. Bb3 Qf6 16. Re1
Bf5 17. Qc1 Rae8 {ist nach Pachmann besser geeignet als 17...Tad8, um das
Gleichgewicht zu behaupten.}) ({G)} 13. dxe5 {Die Rubinstein-Variante: siehe
Partiefortsetzung}) 13... Nxe5 14. Nxe5 {***ENDE BUCH***} Qxe5 15. f4 {Weiss
hat den Gedanken, sich durch den doppelten Abtausch in die Entwicklung des
Damenläufers von Schwarz einzumischen und wirksamen Gebrauch von seiner
Bauernmehrheit auf dem Königsflügel zu machen. Dieser scharfsinnige Plan,
der Weiss feine Angriffschancen bietet, wurde durch Rubinstein entwickelt.
Drei Züge sind jetzt für Schwarz in Betracht zu ziehen:} Qe4 {***ENDE BUCH***
} ({A)} 15... Qe7 {Von zweifelhaftem Wert.} 16. f5 Bd7 17. f6 gxf6 18. e4 {
mit ausgezeichneten Angriffschancen für Weiss. ANMERKUNG KUT: Die heutigen
Engines sehen keine Gefahren für Schwarz und beurteilen die Stellung als
völlig ausgeglichen, z.B.} Rad8 (18... Kh8 19. Qd4 Rad8 20. Qxf6+ (20. Rxf6 c5
$11) 20... Qxf6 21. Rxf6 Be6 $11) (18... Be6 19. Qh5 Kh8 20. Bd3 Rg8 21. e5 f5
22. Bxf5 Rg7 $11) 19. Qh5 Kh8 20. Bb3 Be6 21. Bc2 Rg8 22. e5 f5 23. Bxf5 Bxf5
24. Qxf5 Rd2 $11) ({B)} 15... Qf6 {Das Spiel kann jetzt sehr kompliziert
werden, aber ein klarer Vorteil für Weiss ist nicht zu finden.} 16. f5 (16. e4
Be6 17. e5 Qe7 {führt zu einem gleichwertigen Spiel.}) 16... b5 {Schwarz muss
sehen, seinen Läufer auf der Flanke zu entwickeln. Da Weiss einen
rückständigen Bauern (e3) hat, kann sich Schwarz auch einen leisten (c6).}
17. Bd3 b4 18. Rc5 {Verschiedene Theoretiker hoffen, mit diesem Zug doch noch
etwas Initiative für Weiss behaupten zu können.} Re8 $1 {Dieser von
Eliskases stammende Zug verbürgt dem Schwarzen gleiches Spiel (KUT: Die
Engines teilen diese Meinung.)} 19. Qc1 Bb7 20. Rc4 a5 21. Rff4 Rad8 22. Bf1
Re5 23. Rc5 Rde8 24. Rf3 Qe7 25. Rxe5 Qxe5 26. f6 c5 27. Rf2 gxf6 28. Qc4 Qxe3
29. Qb5 Bd5 30. Qxa5 Qd4 31. Qb5 Re5 32. b3 Rf5 33. Qb8+ Kg7 34. Qg3+ Rg5 35.
Qc7 h5 36. h3 Be4 37. Qf4 Rf5 38. Qg3+ Kh6 39. Bc4 Rg5 40. Qf4 Kg7 41. Kh2 Bg6
{1/2-1/2 (41) Stahlberg,G-Eliskases,E Saltsjobaden 1952}) ({C)} 15... Qe4 {
Dieser Zug (KUT: siehe Partieverlauf), der in der Partie Tarrasch gegen Wagner,
Breslau 1925, von Erfolg gekrönt war, macht die Aufgabe von Weiss viel
schwerer als 15...De7 und lässt die bevorzugte Wahl neben 15...Df6.} 16. Qe2
Bf5 {KUT: Die Engines bevorzugen 16...Td8 = oder 16...Le6 +/= usw.} 17. Bd3 Qd5
18. e4 Qd4+ 19. Kh1 {KUT: Die Engines attestieren Weiss nach 19.Df2! etwas
Vorteil.} Rfe8 20. Rc4 Qd7 21. Qc2 Be6 {KUT: Genauer ...Lg6 gemäss den
Engines.} 22. Rc3 {mit einigen Angriffschancen für Weiss.}) 16. Qb3 {Selbst
diese vom Fidelity Excellence gewählte Fortsetzung ist keine Neuerung (KUT).}
Qe7 {Mehr Sinn macht es, mit ...Lf5 den Vorstoss f4-f5 zu verhindern.} (16...
Bf5 17. Rd1 Qe7 18. Qa3 Rfe8 19. Qxe7 Rxe7 20. Kf2 Kf8 21. Bb3 Rae8 22. Re1 Rd8
23. Rd1 Red7 24. Rxd7 Rxd7 25. Kf3 Re7 26. Bc2 Bxc2 27. Rxc2 Rd7 28. e4 Ke7 29.
Ke3 {1/2-1/2 (29) Marin y Llovet,V-Stahlberg,G Hamburg 1930}) 17. f5 Qe5 {
Etwas genauer ist ...Df6, was das möglicherweise lästige f5-f6 verhindert.}
18. Qc2 b6 19. Qf2 Re8 20. f6 {Man sehe meine Bemerkung zum 17. Zug von
Schwarz.} g6 {Selbst 20...Le6 kann sich Schwarz leisten.} 21. Qh4 {[#]} Bf5 $4
{Nach bisherigem guten Spiel leistet sich die CXG Sphinx Legend einen
primitiven Fehler, was zeigt, dass die selektive Suche total danebengegriffen
haben muss. Schwarz verliert nun entscheidend Material.} 22. Qh6 {Das genügt
für den Sieg, aber es geht noch einfacher.} (22. g4 $1 {erobert die Figur
sofort, denn} b5 {führt ins Verderben nach} (22... Be6 {verliert die Dame nach
} 23. Qh6 Qxf6 {nur so lässt sich das Matt abwenden.} 24. Rxf6) 23. Qh6 Qxf6 {
erzwungen} 24. Rxf5 Qg7 25. Bxf7+ Kh8 26. Qxg7+ Kxg7 27. Bxe8 gxf5 28. Bxc6 $18
) 22... Qxf6 {erzwungen} 23. g4 Re4 {Stellt noch eine böse Falle.} 24. h3 $1 (
{Aber nicht} 24. gxf5 $2 Rh4 {erobert die Dame} 25. fxg6 Qxf1+ 26. Kxf1 Rxh6
27. gxf7+ Kf8 $19 {und Schwarz gewinnt}) 24... Rxc4 {Pure Verzweiflung in
einer absolut hoffnungslosen Situation.} (24... Re5 {ist noch am besten} 25.
Rxf5 Rxf5 26. gxf5 Qxf5 27. Qf4 Qb1+ 28. Qf1 Qxf1+ 29. Bxf1 $18 {und unsere
Oldies könnten noch kämpfen.}) (24... Rf8 {verliert einfach} 25. Rxf5 $18)
25. Rxc4 Qe6 26. gxf5 $1 {"Opfert" den Turm für mehr; sehr gut erkannt vom
Fidelity Excellence.} (26. Rd4 {ist schwächer} Be4 {und der Kampf ist noch
nicht entschieden.}) 26... Qxc4 {Schwarz nimmt den Turm und lässt sich lieber
Mattsetzen.} (26... gxf5 {rettet auch nicht mehr} 27. Qxe6 fxe6 28. Rxc6 $18)
27. f6 Qxf1+ 28. Kxf1 Kh8 29. Qg7# 1-0