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-   -   Stellung: Das einfachste ist (zu) schwer (https://www.schachcomputer.info/forum/showthread.php?t=5232)

Wolfgang2 08.08.2016 19:43

Das einfachste ist (zu) schwer
 
Die folgende Idee ist aus einer aktuellen Wettkampf-Partie von Egbert (Rev II Dallas - Star Diamond) entommen. Hier hatte ich sofort die Idee 1. Tc2-Ta2!, also eine kleine Falle, aber unabhängig davon sicher keine schlechte Idee.
Zudem entspricht dieser Zug meiner prinzipiellen Strategie, die ich in den "Schongang"-Partien öfter anwende: Schaffung und Nutzung von entfernten Einzelbauern, so dass der gegnerische König sich "zerreißen" müsste, um der Sache Herr zu werden.

Also: Schwarz darf die Türme nicht abtauschen. Aber es lockt natürlich der Bauerngewinn auf a5. Dass weiß aber hinreichend Zeit hat, während der schwarzen Königswanderung nach a5 (oder a6) sich zum Königsflügel zu begeben - und entsprechend ab zu räumen, fällt den Computern unheimlich schwer zu berechnen.

Der Millennium Chess Genius favorisiert über zehn Stunden 1. ... Txa2 ??.
Dann habe ich abgebrochen. Die Suchtiefe waren (begonnene) 16 Halbzüge, genauer gesagt 2/16, bei +0.03. Stunden lang wurde 0.90 oder 0.75 angegeben.
Mephisto Magellan ist hier wesentlich schneller: In den 16. Halbzug kommt er bereits nach elf Minuten. Aber das Ergebnis ist das gleiche.

Um das Problem allein durch Rechnen sicher zu lösen sind wohl theoretisch 21 Halbzüge an Suchtiefe erforderlich. So gesehen kann es sein, dass MCG hier Tage, vielleicht sogar Wochen bräuchte, um auf 1 ... Tb1! (einziger guter Zug) zu kommen. Ziemlich ernüchternd ...

Gruß
Wolfgang

[Event "Computer Schach Partie"]
[Site "TOSHIBA"]
[Date "2016.08.08"]
[Round "?"]
[White "Wolfgang"]
[Black "Ruffian"]
[Result "*"]
[BlackElo "2500"]
[Time "18:53:36"]
[WhiteElo "1600"]
[TimeControl "300"]
[SetUp "1"]
[FEN "8/8/4k1pp/P4p2/8/1K5P/R5P1/r7 b - - 0 1"]
[Termination "unterminated"]
[PlyCount "22"]
[WhiteType "program"]
[BlackType "human"]

1. ... Rxa2 {??} 2. Kxa2 Kd5 3. Kb3 Kc5 4. Kc3 g5 5. a6 Kb6 6. Kd4 Kxa6 7.
Ke5 f4 8. Kf5 Kb6 9. Kg6 Kc5 10. Kxh6 Kd5 11. Kxg5 Ke4 12. h4 *

Drahti 08.08.2016 21:04

AW: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Danke Wolfgang! Ich hatte mir die Stellung aus Egberts Turnier bereits vorgemerkt für die abendliche Analyse (ich sehe das leider noch nicht auf einen Blick, dass es für den weißen König am Ende reicht). Du hast es schon soweit aufbereitet, dass ich es in kurzer Zeit verstanden habe. :) Ich glaube, für die Computer wäre hier "Wissen" gefragt, welches aber schwierig zu implementieren ist... vermutlich haben nur die Brettis mit Hash eine Chance, oder?

Grüße
Andreas

Egbert 08.08.2016 21:23

Re: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Zitieren:

Zitat von Wolfgang2 (Beitrag 60141)
Die folgende Idee ist aus einer aktuellen Wettkampf-Partie von Egbert (Rev II Dallas - Star Diamond) entommen. Hier hatte ich sofort die Idee 1. Tc2-Ta2!, also eine kleine Falle, aber unabhängig davon sicher keine schlechte Idee.
Zudem entspricht dieser Zug meiner prinzipiellen Strategie, die ich in den "Schongang"-Partien öfter anwende: Schaffung und Nutzung von entfernten Einzelbauern, so dass der gegnerische König sich "zerreißen" müsste, um der Sache Herr zu werden.

Also: Schwarz darf die Türme nicht abtauschen. Aber es lockt natürlich der Bauerngewinn auf a5. Dass weiß aber hinreichend Zeit hat, während der schwarzen Königswanderung nach a5 (oder a6) sich zum Königsflügel zu begeben - und entsprechend abzu räumen, fällt den Computern unheimlich schwer zu berechnen.

Der Millennium Chess Genius favorisiert über zehn Stunden 1. ... Txa2 ??.
Dann habe ich abgebrochen. Die Suchtiefe waren (begonnene) 16 Halbzüge, genauer gesagt 2/16, bei +0.03. Stunden lang wurde 0.90 oder 0.75 angegeben.
Mephisto Magellan ist hier wesentlich schneller: In den 16. Halbzug kommt er bereits nach elf Minuten. Aber das Ergebnis ist das gleiche.

Um das Problem allein durch Rechnen sicher zu lösen sind wohl theoretisch 21 Halbzüge an Suchtiefe erforderlich. So gesehen kann es sein, dass MCG hier Tage, vielleicht sogar Wochen bräuchte, um auf 1 ... Tb1! (einziger guter Zug) zu kommen. Ziemlich ernüchternd ...

Gruß
Wolfgang


Hallo Wolfgang,

während der Partie ist mir dieses Motiv in der Tat auch in den Sinn gekommen, schön dass Du es so gut aufbereitet hast. Wie kann es anders sein, ich setze gerade mein "Lieblingsprogramm" ;) ... den Revelation II Mephisto Glasgow auf dieses Problem an.

Nach gut 3 Minuten verwirft der Glasgow den bis dahin mit -0,39 favorisierten Fehlzug 1. ... Txa2 ?? zugunsten von 1 ...Ta1-b1+!. Diesen Zug findet der Glasgow bei einer Rechentiefe von 7 Hz Brute-Force und 19 Halbzügen selektiv (Bewertung -0,04). Irgendwie scheint er den Braten zu riechen, denn selbst bei einer fallenden Bewertung für 1 ...Ta1-b1+! (nach gut einer Stunde -0,50 im 9. Hz Brute Force) bleibt "er" standhaft und auch die Varianten deuten darauf hin dass "er" weiß was er tut :) Ich lasse das Programm jetzt über Nacht rechnen, mal schauen was er morgen früh anzeigt :gruebel:

Gruß
Egbert

Egbert 08.08.2016 21:31

Re: Das einfachste ist (zu) schwer
 
...kaum habe ich diese Zeilen geschrieben, hat der Mephisto Glasgow im 9. Halbzug Brute Force und 2. Ast auf 1. ... Txa2 ?? umgeschwenkt :( Wieder mal zu früh gefreut..., ach wie kenne ich dass aus den Partien mit dem Glasgow-Programm, wenn es mal wieder eine vorteilhafte Stellung ohne Not vergeigt :nene: Dennoch... jetzt lasse ich "ihn" noch über Nacht an der Stellung "schmoren" :motz:

Gruß
Egbert

MaximinusThrax 08.08.2016 21:46

AW: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Die Stellung ist ein sehr gutes Beispiel dafür das selbst Mittelmäßige Schachspieler die Stellung schnell Überblicken, nicht aber (ansonsten) Spielstarke Schachcomputer!

Wolfgang2 09.08.2016 02:53

AW: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Wohl wahr! Mit dem berühmten "Abzählen" der Felder kommt man auch als Laie hin. Aber die Lösung ist für "Lang" wirklich weit entfernt.
Denn anstelle den Genius 68030 darauf anzusetzten, nahm ich meinen deutlich leistungsfähigeren ältesten Laptop: Genius 2 auf Pentium II/266 MHz, 224MB RAM.
Ergebnis: Immer noch 1. ... Txa2 ?? nach einer Stunde, Suchtiefe: 14/26.

Anmerkung: Houdini 1.5 _w32 findet Tb1! in 2 Minuten und 18 Sekunden. Rechenleistung: Mäßige 79.000 Knoten/Sekunde.

Egbert 09.08.2016 05:19

Re: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Guten Morgen Allerseits :)

leider hat es sich bestätigt, dass auch der Mephisto Glasgow auf dem Revelation II mit der Stellung überfordert ist. Nach ca. 10 Stunden steigt die Bewertung für Fehlzug 1. ... Txa2 ?? sogar noch auf + 0,58 an... Mal schauen, welche Schachcomputer überhaupt in der Lage sind, den Lösungszug in vertretbarer Zeit (was auch immer das sein mag ;)) zu finden.

Gruß
Egbert

Wolfgang2 09.08.2016 09:48

AW: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Mephisto Magellan ist es jedenfalls auch nicht. Nach sieben Stunden habe ich ergebnislos abgebrochen (Suchtiefe 17 / Bewertung 0.00).
Die Computer (Magellan, Genius 2) erkennen, dass ein schwarzer Bauer verloren geht. Aber der wird lieber "aktiv" geopfert durch f5-f4-f3, g2xf3 anstatt dass der König sich den abholt. Also ein typischer Horizonteffekt. Letzten Endes macht dies die Situation aber nur noch aussichtsloser.

Drahti 09.08.2016 10:47

AW: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Wenn Genius es nicht schafft, brauche ich Berlin, Vancouver oder "London" wohl nicht rauskramen. :o

Egbert, wie schnell rechnet Dein Glasgow auf Rev II? Fullspeed oder mit annähernd Originalgeschwindigkeit? Im letzteren Falle würde ich ihm den Sieg zuerkennen, da er ja innert 3-60 min den richtigen Zug gefunden und zunächst auch gehalten hat. :goldcup:

:D

Grüße
Andreas

Egbert 09.08.2016 10:53

AW: Das einfachste ist (zu) schwer
 
Hallo Andreas,

klassischer Fall von "richtiger Zug" aus falschen Gründen (temporär) gespielt. Das Glasgow-Programm auf dem Revelation II spielt bei mir auf Fullspeed und ist ca. um den Faktor 15 schneller als der Original Glasgow. Von einem wirklichen Sieg in dieser Stellung würde ich allerdings nicht sprechen :D

Gruß
Egbert


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